Äußere Kampfkünste

Unter äußeren Kampfkünsten versteht man alle Stile, deren Zentrum die Entwicklung von Muskelkraft und Schnelligkeit ist.

Die Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Stilen ist nicht immer unstrittig. Da diese Polarisierung aus verschiedenen Sichtweisen heraus vorgenommen werden kann, fallen eindeutige Zuordnungen einzelner Stile relativ schwer. Jedes Kampfsystem verfügt sowohl über äußerliche als auch über innerliche Elemente.

Äußere Kampfkünste gleichen einer modernen Sportart

Kind Shaolin Kloster
Shaolin Kung Fu, eine äußere Kampfkunst

Die Kräftigung von Knochen, Muskeln, Sehnen und Bändern, sowie der effektive Gebrauch von Sauerstoff sind Wesensmerkmale der äußeren Schulen. Viele äußere Stile haben sich zu einem Leistungssport entwickelt, bei dem es um ein Höchstmaß an Effizienz geht. Dieses Höchstmaß soll durch mechanische Wiederholungen bestimmter Bewegungen und durch gezielte Dehn- und Kraftübungen erzielt werden. Der Körper wird von außen her geformt. Das bedeutet, dass dem Hineinhorchen in den eigenen Körper wenig bis gar keine Beachtung zukommt. Kraft, Geschwindigkeit, Ausdauer und Reflexe stehen im Zentrum der Ausbildung und orientieren sich an festgelegten Bewegungsabläufen. Beispiele für die äußeren Kampfkünste sind Karate und das Shaolin Kung Fu.

Weitere Erklärung der äußeren Stile

Buddha
philosophische Grundlage der äußeren Kampfkünste ist der Buddhismus

Man unterscheidet nicht nur den Trainingsinhalt bzw. das Trainingsziel, sondern man kann auch kulturhistorische Elemente in die Unterscheidung einbeziehen. Äußere Stile sind demnach alle Kampfkünste, deren philosophische Grundlage der Buddhismus ist. Die inneren Stile sind dagegen mit dem chinesischen Taoismus verbunden. Historisch kann man weiterhin alle Kampfkünste als „innere Stile“ bezeichnen, deren Ursprung in China vermutet wird. Mit dieser Abgrenzung möchte man ein kulturspezifisches Gut für China erhalten. Ein weiterer Ansatz nimmt die Unterscheidung unter dem Aspekt der Öffentlichkeit vor. Alle öffentlich zugänglichen Kampfkünste gelten demnach als „außen“ und alle verborgenen, nur einem engen Kreis an Schülern gelehrten, Stile sind innere Kampfkünste. Spirituell gesehen ergibt sich ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, nämlich der Aspekt der Meditation. Manche Theorien gehen davon aus, dass der meditative Aspekt vor allem ein Merkmal der inneren Stile sei und äußere Stile die spirituellen Techniken und Theorien vernachlässigen würden.

Eine eindeutige Differenzierung kann nicht vorgenommen werden

Die Aufteilung der verschiedenen Stile nach den Kriterien „innen“ und „außen“ erscheint nur auf den ersten Blick sinnvoll, um eine Katalogisierung vornehmen zu können. Tatsächlich ist es jedoch so, dass jede Bewegung innere und äußere Elemente enthält. Weiterhin haben sich Mischformen etabliert, die sowohl „innerlich“ als auch „äußerlich“ arbeiten. Goju-Ryu Karate macht die Vereinbarkeit von „innen“ und „außen“ bereits im Namen deutlich: Goju-Ryu bedeutet „harter und weicher Stil“. Typischerweise wird den inneren Stilen das Weiche und den äußeren Stilen das Harte zugeschrieben. Faktisch ist diese Trennung jedoch unmöglich, da jede Bewegung weiche (entspannte) und harte (angespannte) Phasen enthält.

Das Unterscheidungsmerkmal „Körperstruktur“

Innere und äußere Stile sind zwei verschiedene Wege, um Kampfkunstfähigkeiten zu erlangen. Hierbei sei betont, dass kein Weg besser ist als ein anderer; es kommt dabei stets auf den Einzelnen an, wie er die gelernten Prinzipien umsetzen kann. Bei den äußeren Kampfkünsten werden die Muskeln gestärkt und die Körperstruktur so angepasst, dass die Kraft besser aufgebaut und eingesetzt werden kann. Bei den inneren Stilen geht es darum, ohne viel Muskelkraft eine enorme Kraft über die effektive Körperausrichtung zu erzeugen. Dies wird mit bestimmten Spannungs- und Entspannungstechniken verfeinert.

Von Christoph Eydt

Fotos: Ronnie Robinson und Loni Liebermann (Buddha)

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