Tai Chi Push Hands

Erfahrungsbericht vom 13. Push Hands Treffen in Hannover 2013

Von Karin Sperber-Trunz

Dienstag 12.2.13:

Es ist Faschingsdienstag und bin froh, dem Fasnachtstrubel hier im „Ländle“ (Baden-Württemberg) entfliehen zu können, um zum vierten Mal bei Nils in Hannover am Pushhands-Treffen teilzunehmen. Da meine Taiji-Lehrer nur Formen unterrichten und fast gar nicht pushen, freue ich mich auf jede Gelegenheit, Pushhands  praktizieren und etwas  lernen zu können. Etwas verunsichert auf Grund meiner mangelnden Übung sichte ich die Mitschriebe der letzten Jahre, doch beim Lesen meines unleserlichen Gekritzels wird mir schnell klar, dass ich mich entspannen und einfach auf das Treffen einlassen sollte. Schließlich waren die Erfahrungen der letzten Jahre durchweg positiv, die Lehrer und Teilnehmer dort offen und hilfsbereit.

Am Bahnhof angekommen begegnet mir eine faszinierend bepackte Gestalt, die ihre Matratze auf einer Sackkarre mit sich führt: Malte. Ich fühle mich sofort wieder heimisch, als wir die Sackkarre in die Straßenbahn hieven und bis zur Leinaustraße fahren. Ich checke im Hotel ein und nehme Kontakt mit Dieter Mayer auf, den ich von seinem Sommercamp her kenne und schätze und erfahre, dass sich alle bereits Angereisten im „Glüxkind“ treffen werden.

Der Abend wird ein angeregter Austausch mit alten Bekannten, endet aber zeitig (für mich); schließlich will man am ersten Tag auch fit sein!

freies Push Hands am Nachmittag

Mittwoch 13.2.13:

Schon beim Frühstück im Hotel Meyer lässt uns Ronnie an seiner guten Laune teilhaben und fordert mehr Farbe für unsere  einheitlich schwarzen Outfits (er kontert mit Taubengrau und Khaki).

Bei der Lehrervorstellung dann hat Nils mit krankheitsbedingten Ausfällen zu kämpfen, was mir persönlich aber die Wahl des Workshops erleichtert. Ich wähle die Fortsetzung der guten Laune und bleibe bei Ronnie, der uns erst  mal ein bisschen frei pushen lässt und uns dann – Dank Dieters Übersetzung- bald verständlich macht, dass unser Tun kein Spaß geschweige denn Taiji ist. Er lässt uns Spürübungen (Führen und Folgen) und kleine Lockerungsübungen ausführen und weist uns auf die Bedeutung des Blicks hin, der auf den Partner gerichtet sein muss und nicht nach innen oder am Partner vorbei gehen soll. Am Ende des Workshops weiß ich, dass es noch viel zu lernen und zu üben gibt.

Am Nachmittag ist Paul nun endlich auch da und macht sein Fehlen vom Vormittag mit einer ausgedehnten Einführung für die Anfänger wieder wett. Obwohl mich Ronnie letztes Jahr schon kopfschüttelnd fragte, warum ich nach all den Jahren immer noch zu den Einführungen ginge, bleibe ich meinem Vorhaben treu, jede nur erdenkliche Information mitzunehmen und gehe doch hin. Paul erweist sich wie immer als charmanter, hochkompetenter und auch Anfängern gegenüber respektvoller Lehrer, von dem ich auch in dieser kleinen Einheit viel profitieren kann.

Im freien Pushen warte ich dann auf die Gelegenheit, das Gelernte anzuwenden und merke schnell, dass dort wieder mal alles ganz anders ist – vor allem ich. Trotzdem machen die Begegnungen großen Spaß und so mancher „Angstgegner“ der letzten Jahre erweist sich heute als angenehmer Trainingspartner.

Am Abend werden alte Kontakte wiederbelebt und gepflegt.

Donnerstag 14.2.13:

Trotz harter Lehrerkonkurrenz bleibe ich auch für diesen Morgen bei Ronnie, weil ich merke, dass es noch viel an Grundsätzlichem zu verbessern gilt. Am zweiten Tag sind auch die Teilnehmer schon ein wenig kommunikationsbereiter und Ronnie muss sich nicht so oft über mangelndes feedback beklagen. Ich lerne Einiges und fühle mich besser gerüstet für das freie Pushen am Nachmittag.

Vor dem freien Pushen jedoch konnte ich noch einen der raren Termine bei Regine Henning- der Shiatsu-Masseurin- ergattern. Da ich selbst Wellness-Masseurin bin, habe ich den Termin doppelt genossen (endlich darf ich auch mal…), war völlig locker und relaxed. Der Zustand hielt auch noch während des freien Pushens an und verhalf mir zu neuen, yin-betonteren Pushhandserfahrungen.

Der Abend klingt für mich entspannt im „kleinen Museum“ mit alten und neuen Bekannten aus.

Freitag 15.2.13:

Wow, heute drängen sich die Teilnehmer im Raum und es gibt schon keinen Tee mehr…(Nachschub wird von Birgit sofort bereitgestellt). Bekannte Gesichter tauchen auf und auch einige gänzlich unbekannte. Die Neugier auf diesen Tag und neue Begegnungen steigt. Wieder hat man die Qual der Wahl, doch für mich stand schon vorher fest: ich gehe zu Dieter. Ich habe schon vorher Einblicke in seine Herangehensweise über die 5 Elemente erhalten können und kann mit dieser Idee und Terminologie eine Menge anfangen.

Dieter entspannt sich und uns erst durch eine Runde Gruppenkuscheln (Nackenmassage) und lässt so das Eis schmelzen. Wir arbeiten mit viel Spaß an unserer Dehnspannung (Holz), dem Finden des richtigen Timings durch Erfühlen des Momentums (Erde)und unseren Fähigkeiten als Pflegekraft (Wasser). Es wird viel gelacht. Eine zierliche junge Frau strahlt übers ganze Gesicht, als es ihr gelingt, eine Reihe von 4 Personen durch das Finden des richtigen Momentums umzustoßen. Dieter lässt uns eine Menge Aha-Effekte mitnehmen und es ist schade, dass die Zeit zu knapp ist, um auch die anderen Elemente tiefer zu beleuchten und sich darin zu erproben.

Der Nachmittag bringt dann richtig Spaß. Sooo viele unterschiedliche Mitspieler, unterschiedliche Erfahrungen und neuerdings eine Konstante: ich fühle immer öfter das Momentum. Das freie Pushen ist heute viel zu schnell vorüber, doch  Nils hat im „Glüxkind“ reserviert und so freue ich mich darauf, manchen Trainingspartner des Nachmittags am Abend näher kennen zu lernen.  Die Stimmung ist sehr ausgelassen. Ich fühle mich in meine Studentenzeit versetzt und genieße das Miteinander Gleichgesinnter.

Neigong_Test_Tai_Chi_Gala

Samstag 16.2.13

Mit einem leichten hangover vom gestrigen Abend gibt es noch einmal einen spannenden Workshop bei Dieter. Wieder sind neue Teilnehmer dabei und erproben sich mit viel Spaß  in den unterschiedlichen Bewegungsphasen der 5 Elemente. Als Kämpfer im Typ „Holz“ hänge ich ein bisschen beim Versuch, die Masse des Gegners unter Verwendung exzentrischer Muskelkraft zu bewegen. Angela Menzel und Gudula helfen mir weiter.

Der Nachmittag beginnt locker und konfrontiert mich dann plötzlich mit meinen Grenzen. Ich gerate an einen ernsten Mitspieler, der gefühlte zwei Meter fünfzig groß ist und mich mit seinen Armen wie in einen Schraubstock einklemmt. „Relax and sink“, denke ich noch während ich schon rausfliege…Mein Partner beginnt ziemlich grob an mir zu rütteln und die Masseurin in mir spürt Scherkräfte in ihrer Wirbelsäule, die Anlass geben , sich um die Gesundheit ihrer Bandscheiben zu sorgen…In diesem Moment entscheide ich, dass wir keine guten Trainingspartner füreinander sind und teile das meinem Gegenüber mit. Er verspricht, weicher zu pushen, jedoch…. Nach dem erlösenden Klingelton flüchte ich zur Kaffeebar und muss eine Runde aussetzen, um mich zu erholen. Schade.

Ich suche mir jetzt  gezielt Taijispieler aus, die beim Pushen ein Lächeln im Gesicht haben und bin mit der Welt wieder versöhnt (Danke Aron, Danke Zofia). Ich spiele wieder und freue mich, dass ich anderen Menschen begegnen, sie kennenlernen und dabei wachsen darf.

Die aufwändig vorbereitete Gala zeigt noch einmal eindrucksvoll die breite Palette unserer Kampfkunst: Schönheit, Anmut, Gelassenheit genauso wie Geschicklichkeit,  Kraftentladung und innere Kraft.

Party und Buffet sind schon legendär und ein schöner Anlass, neue Kontakte zu knüpfen, bestehende zu vertiefen oder einfach nur zu feiern und das liebevoll gestaltete Buffet zu genießen.

Sonntag 17.2.13:

Als ich Sonntag schon im Zug sitze, während die anderen noch einen Trainingstag genießen können,  tröste ich mich mit dem Gedanken „ nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ und weiß:  Ich komme wieder!