Hier finden Sie Berichte von Tai Chi Anfängern und Schülern mit wenigen Jahren Erfahrung. Sie geben nützliche Tipps. Dies erleichtert die Wahl eines geeigneten Tai Chi- Lehrers- oder Kurses.
Hier finden Sie einen weiteren Erfahrungsbericht einer Anfängerin.
Christoph Eydt über seinen Taiji- Weg
Taijiquan ist eine innere Kampfkunst, bei der es darum geht, die eigenen Bewegungen so zu optimieren, dass ein Maximum an Wirkung bei minimalem Aufwand erzielt werden kann. Damit Taiji als Kampf- und Bewegungssystem funktionieren kann, bedarf es der genauen Untersuchung des eigenen Körpers. Haltungsfehler und ungünstige Bewegungsmuster werden aufgespürt und durch ein einfaches Prinzip des Entspannens reduziert bzw. gänzlich beseitigt. Durch ein bewusstes Entspannen kann die Haltungsmuskulatur wieder ihre ursprüngliche Aufgabe übernehmen und damit die anderen Muskeln entlasten. Der Entspannung kommt eine sehr wichtige Funktion im Taji zu, denn nur ein entspannter Körper kann sich geschmeidig und mit einem Minimum an Aufwand bewegen. Um dies zu erlernen, ist sehr viel Übung erforderlich. Ein guter Lehrer ist in jedem Fall eine wichtige Unterstützung, da er nicht nur über ein gewisses Maß an Erfahrung verfügt, sondern auch den Körper und die Bewegungen des Schülers aus einer anderen Perspektive wahrnehmen kann.
Die Suche nach einem guten Lehrer
Mein Weg führte über verschiedene Lehrer und Lehrangebote. Die erste Taiji-Form habe ich aus einem Lehrbuch gelernt. Es hat sich dabei um das Buch „Tai Chi – Das Praxisbuch“ von Stewart McFarlane gehandelt. Ich war damals 16 Jahre alt und dieses Buch war mein erster Zugang zur Kampfkunst. Ich fand die sehr genaue Schritt-für-Schritt-Anleitung des Buches und die darin erläuterten Fortsetzungsübungen sehr gut erklärt. Die dargestellte Form war die Yang-Form in der Interpretation von Cheng Man Ching, eine sehr gute und einfache Form, in der man die vielen Facetten des Taiji kennenlernen kann. Mir war damals nicht so recht bewusst, auf was ich achten musste, darum lernte ich in erster Linie nur den Bewegungsablauf der Form und hielt mich dabei strikt an die Anleitung des Buches. Da ich mich damit nicht so ganz wohl fühlte und spürte, dass etwas fehlte, distanzierte ich mich erst mal vom Taiji um Erfahrungen in anderen Kampfkünsten zu sammeln.
Ich habe Einblicke ins Wing Tsun, Judo, Karate, Bujinkan und Aikido erhalten. Nach diesen „Wanderjahren“ beschloss ich, es noch einmal mit Taiji zu versuchen. Diesmal wollte ich aber einen Lehrer haben, von dem ich die Bewegungsprinzipien lernen konnte. Leider lebte ich zu dieser Zeit in einer Region, in der die Auswahl an professionellen und guten Lehrern sehr eng war. Letztlich meldete ich mich zu einem eher auf Gymnastik und Reha ausgerichteten Taiji-Kurs an und lernte dort von der Lehrerin meine erste vollständige Form – eine Form des Yang-Stils. Dieser Kurs, so gut er auch für Einsteiger geeignet zu sein schien, war für mich letztlich eine Zeitverschwendung, denn Taiji im Sinne des chinesischen Kampf- und Bewegungskonzeptes konnte ich dort nicht lernen. Das einzige, was unterrichtet wurde, war eine leere Form ohne Inhalt – es gab keine Anwendung und auch keine Erklärungen der unterschiedlichen Bewegungen, stattdessen warf die Lehrerin mit Begriffen aus der chinesischen Philosophie und Heilkunde um sich, ohne dabei Wert auf eine korrekte Erklärung zu legen. Dieser Kurs war für mich eine herbe Enttäuschung. Zumal ich mich mit Taiji, Daoismus und Traditioneller Chinesischer Medizin schon sehr lange und sehr intensiv auf der theoretischen Ebene befasst habe. Ich wusste also, woran man einen guten Lehrer erkennen kann und worauf man im Taiji achten musste. Darum fiel es mir umso schwerer, mir einzugestehen, dass diese Lehrerin keine Ahnung vom Taiji hatte. Es dauerte ein Jahr bis ich mir eingestehen konnte, dass ich dort nichts lernen würde.
Doch wie der Zufall so will, traf ich in der Stadt einen Mann, der sich sehr gut im Taiji auskannte, der die Grundprinzipien einfach erklären konnte, keine Geheimnisse daraus machte und mich auch durch seine Fähigkeiten und sein Wissen überzeugen konnte. Seine nüchterne Art des Erklärens und das Entmystifizieren verworrener Begriffe haben maßgeblich mein heutiges Taiji-Verständnis geprägt. Bei ihm lernte ich die Form nach William C. C. Chen, Anwendungsbeispiele und das Erproben der eigenen Fähigkeiten im push hands. Wir üben regelmäßig miteinander und sind inzwischen gute Freunde geworden. Was mich von diesem Mann überzeugt hat, war seine von vornherein offene Art und der Wunsch, mir etwas beibringen zu wollen – ganz ohne Erwartung von Gegenleistungen.
Für mich war es wichtig, eine Kampfkunst zu lernen und ein besseres Körpergefühl zu erhalten. Durch das regelmäßige gemeinsame Üben haben sich sehr schnell die ersten Erfolge eingestellt. Mein Verständnis vom Taiji hat sich auch sehr schnell entwickeln können. Dies geht darauf zurück, dass sämtliche Beschreibungen und Erklärungen sehr rational gehalten wurden. Sportwissenschaftliche und physikalische Erkenntnisse dienten zum Erklären der körperinternen und körperexternen Vorgänge. Diese wissenschaftlich-rationalen Ansätze waren für mich sehr viel verständlicher als die Erklärungsmuster aus dem chinesischen Kulturkreis. In der Taiji-Szene gibt es viele Lehrer, die einzig das chinesische Erklärungsmodell verwenden, dabei aber übersehen, dass die westliche Mentalität eine gänzlich andere Entwicklung hinter sich hat als die chinesische. Darum kommt es nicht selten zu Verwechslungen, Legendenbildungen und letztlich zu falschen Erklärungen, die dazu beitragen, dass Taiji als etwas „Übernatürliches“ interpretiert wird. Mir tat es damals sehr gut, ernüchtert zu werden. Ich empfehle jedem Taiji-Beginner, sich einen Lehrer zu suchen, der die Bewegungsprinzipien einfach und unkompliziert erklären kann und der keine chinesischen Begriffe braucht. Natürlich ist es interessant, auch das chinesische Erklärungsmodell anzuwenden. Hierfür bedarf es aber eines Vorwissens über die sozio-kulturelle Entwicklung in China.
Taiji wird inzwischen an vielen verschiedenen Einrichtungen angeboten: an Volkshochschulen, in Reha-Zentren, in Sport-Zentren, in Gesundheitszentren, in Kampfkunstschulen oder in privaten Gruppen, die sich regelmäßig zum Training treffen. Ich kann aus meiner Erfahrung heraus sagen, dass man hierbei keine Pauschalisierungen vornehmen kann, was die Qualitäten der einzelnen Lehrer anbelangt. Es ist wichtig, die verschiedenen Lehrer aufzusuchen und sich einen Eindruck von dem Können des Lehrers zu verschaffen. Aber nicht nur das Können ist ausschlaggebend, auch die Trainingsatmosphäre und die zwischenmenschlichen Beziehungen spielen eine große Rolle. Meine Erfahrung ist, dass es nur sehr wenige qualifizierte Taiji-Lehrer gibt, die Taiji im vollen Umfange beherrschen. Die Mehrheit der Lehrer scheint sich auf den gesundheitlichen Aspekt bzw. auf das reine Form-Laufen zu konzentrieren. Diese „kastrierte“ Taiji-Version ist aus meiner Sicht unzureichend und kann auch für den Übenden schädlich sein.
Ich machte mich auf die Suche nach weiteren Lehrern. Da ich mit meinem Übungspartner sehr zufrieden war, wollte ich keinen festen Lehrer haben, sondern wollte frei bleiben. Ich besuchte darum verschiedene Seminare, um neue Erfahrungen zu sammeln. Es ist wichtig, über den Tellerrand zu schauen und auch die Erklärungen und Perspektiven anderer Lehrer bzw. anderer Stilvertreter einzuholen. Dabei stieß ich auch auf eine Klientel, die in der Taiji-Szene Fuß fassen konnte und mir persönlich sehr zuwider ist. Es sind Menschen, die in einer Kampfkunst einen persönlichen Heilsweg entdecken wollen und dabei übersehen, dass die Kampfkunst in erster Linie ein Handwerk war. Gerade die vielen Fehlinterpretationen taoistischer Gedanken und das Verklären der chinesischen Vergangenheit sind Faktoren, unter denen das Bild des Taiji immer wieder zu leiden hat. Taiji funktioniert auch prima ohne sich mit dem Taoismus zu befassen. Dennoch kann diese philosophische Strömung eine große Bereicherung für das eigene Leben sein. Ich sage bewusst „philosophische Strömung“. Es gibt auch den religiösen Taoismus, aber dieser ist hier eher in einer oberflächlichen Nachahmungsform vorhanden und muss nicht weiter diskutiert werden.
Autodidaktisches Lernen
Taiji kann bis zu einem gewissen Maß autodidaktisch erlernt werden. Jeder, der etwas anderes behauptet, will vermutlich nur seine Kurse mit weiteren Schülern füllen. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass ein selbsttätiges und selbstforschendes Lernen sehr produktiv sein kann. Natürlich ist der Unterricht bei einem guten Lehrer vorzuziehen. Aber ein gewisses Maß an Selbstständigkeit erlaubt auch immer einen gewissen Erfahrungsfreiraum. Das Risiko, falsche Bewegungen zu lernen ist zwar erhöht, aber wenn man weiß, worauf es zu achten gilt, kann man im Selbststudium gute Fortschritte erzielen und auf mögliche Fehlerquellen achten.
Für mich hat sich das parallele Üben und Lernen bewährt. Ich lerne mit einem guten Übungspartner und besuche (derzeitig eher seltener) verschiedene Kampfkunstseminare. Darüber hinaus lerne ich mit Übungs-DVDs und befasse mich viel mit den theoretischen Grundlagen. Das Lesen der Fachliteratur ist für mich nicht wegzudenken, da die Bücher systematisiertes Wissen bereithalten, was im Unterricht bzw. beim Üben niemals so aufbereitet sein kann. Es sind zwei verschiedene Paar Schuhe: Theorie und Praxis. Beides bedingt sich und beides ergänzt sich.
Meine Tipps für die Anfänger
– Sucht verschiedene Lehrer auf.
– Unterhaltet euch mit den Schülern der Lehrer über Taiji und den Unterricht.
– Achtet auf die Erklärungen der Lehrer.
– Testet die Fähigkeiten der Lehrer.
– Seid selbstkritisch und fragt euch ernsthaft, was ihr euch vom Taiji versprecht.
– Seid offen für andere Stile, andere Lehrer und andere Meinungen.
– Lasst euch nicht von Zertifikaten und pseudo-chinesischen Verhaltensweisen blenden.
– Forscht ständig selbst, recherchiert in der Literatur und im Internet.
– Habt Spaß am Probieren.
Tai Chi- Qigong- Kalender & Lehrer
In unserer Lehrerdatenbank finden Sie Tai Chi Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Kalender beinhaltet Termine von Schnupperstunden, über Seminare bis hin zu Tai Chi- und Qigongfestivals.