Von Jan Leminsky
Turniere werden im Taijiquan seit langem kontrovers diskutiert. Die Extrempositionen der kompletten Verweigerung und des Qualitätsbeweises durch Turniererfolg sind nicht zu überbrücken, da hier die beiden Pole Yin und Yang agieren.
Wo bleibt dann aber Taiji? Geht es nicht um einen Ausgleich, sprich Wechsel zwischen den beiden Extremen? Wer also Turniere erfolgreich veranstalten möchte, ist gezwungen sich den Argumenten der Extremgegner zu stellen. Extremgegner wiederum sollten einen Schritt in Richtung der Turnierveranstalter machen und ihre Vorstellungen mit einbringen.
Wir alle benutzen das Wort als Kommunikationsmittel und haben damit die Gefahr nicht so verstanden zu werden, wie wir es eigentlich wollen. Wettkampf, Turnier, Wettbewerb, Festival, Treffen und so weiter sind Ausdrücke von dem, was ein Turnier sein kann. Insbesondere ist es Werbung FÜR Taijiquan. Wer also Interesse daran hat Taiji zu verbreiten, ist bei Turnieren gut aufgehoben, da es Interessierten das breite Feld von Taiji aufzeigt.
Dreh und Angelpunkt einer solchen Veranstaltung sind die bewertenden Personen: Schiedsrichter entscheiden über die Qualität des Taijiquan. (Im folgenden wird der besseren Lesbarkeit wegen immer wieder im maskulin geschrieben, es sind aber ausdrücklich auch Frauen als Schiedsrichterinnen oder Prüferinnen gemeint) Ein Prüfer hat damit aber mehr zu wissen als der Geprüfte. Und hier liegt das eigentliche Dilemma in dem Turnier stehen.
Gute Qualität bei den Schiedsrichtern ist schwer zu erreichen. Damit gemeint ist das Verständnis dafür, was geboten wird und die Beurteilung, ob es den Prinzipen des Taiji entspricht. Prinzipien eignen sich ja immer wieder hervorragend um den Eindruck von Objektivität zu vermitteln. Im Bereich der Formen (Darbietung einer festgelegten Abfolge) wird es dann auch schwierig. Richtig beurteilen kann doch nur die Person, die den darbietenden unterrichtet hat. Doch ist diese Person noch objektiv?
So ist denn eine Bewertung keine „Wertstellung“, sondern die Wahrnehmung des Schiedsrichters, der durch das Turnier zu einer Bewertung der Darbietungen genötigt ist. Je häufiger der Schiedsrichter eingesetzt wird und sich auf seinem Taijiquan-Weg anderen Stilen und Entwicklungen stellt, umso besser werden seine Bewertungen.
In Deutschland stehen wir immer wieder am Anfang des Weges, da bereits wiederholt entsprechende Anstrengungen aufgegeben wurden. Der Hang zum Perfekten ist hier hinderlich und es sei dann auch wieder an den Taijiquan – Weg erinnert, der mit den ersten gestolperten Schritten beginnt und sich dann über den Einklang von Körper und Geist weiterentwickelt und nicht endet.
Der Anfang ist immer mit teilweise schmerzhaften Lernprozessen verbunden, die sich aber nicht vermeiden lassen. Am Umgang mit den Erschwernissen zeigt sich, wie weit der eigene Taiji-Weg ist. Denn erst wenn es für Schiedsrichter auch die entsprechende Wertschätzung gibt, und als Ziel auf Turnieren der Einsatz auch monetär honoriert wird, werden sich mehr Ausbilder und Lehrer der schönen und mühsamen Aufgabe der Bewertung anderer stellen.
In anderen Kampf- und Bewegungskünsten (z.B. Tanzen) hat sich auf diese Art und Weise eine sehr schöne Turnierkultur etabliert, die am Ende die Praktiker zusammenführt und Interessierten die Möglichkeit gibt sich die Facetten dieser Kunst anzuschauen und zu bewerten, ob diese Kunst auch ein möglicher, eigener Weg ist.
Jan Leminsky unterrichtet Taiijiquan, Zertifizierter Taijiquan Ausbilder, Mitglied im Taijiquan und Qigong Netzwerk e.V. und Traditionellem Kung Fu Verband, Gründer und Inhaber der Wu Wei-Schulen Hamburg/Wentorf/Bremen. Seminarorganisator für verschiedene Lehrer und Stile
German Taijiquan Open
am 26. Oktober 2013 werden die 2. GTO in Hannover ausgetragen. Dieses Tai Chi Turnier wird vom Taijiquan und Qigong Netzwerk Deutschland in Kooperation mit anderen Schulen und Organisatonen ausgerichtet.
Interview mit Epi van de Pol
zum Thema Tai Chi Turniere