Yoga ist mehr als eine körperliche Übung
Yoga ist eine indische Lehre, in der philosophische und spirituelle Inhalte mit körperlichen Übungen unterrichtet werden. Im Westen ist Yoga vor allem durch seine entspannende und gesundheitsfördernde Wirkung bekannt. Der Begriff „Yoga“ kann als „Vereinigung“ übersetzt werden und zeigt damit bereits auf das Ziel der Übungen, nämlich das Eins-Werden bzw. das Eins-Sein mit dem Kosmos. Yoga ist eine Form der Selbsterkenntnis und beruht auf hinduistischen Grundlagen. Je nach Yoga-Schule bzw. Yoga-Richtung liegt der Schwerpunkt entweder auf geistiger Konzentration oder auf körperlichen Übungen. Ein essenzieller Bestandteil sämtlicher Yoga-Systeme ist die Regulierung des Atems. Die im Westen häufig verbreiteten Yoga-Systeme sind relativ jung und zeichnen sich durch eine Synthese von indischem Yoga, abendländischer Esoterik, Psychologie und wissenschaftlichen Annahmen aus. Diese ab der Mitte des 19. Jh. entstandenen Yoga-Formen können als „modernes Yoga“ bezeichnet werden, da die hinduistische Spiritualität entweder gar nicht oder nur geringfügig berücksichtig wird und stattdessen Elemente aus der New-Age-Bewegung in den Mittelpunkt gerückt werden.
Yoga – ein sehr umfassendes Übungssystem
Was ist Yoga?
Yoga und die sechs orthodoxen Darshanas
Yoga als Weg der Entspannung
Philosophie und Religion des Yoga
Yoga und Bhagavad-Gita
Yoga und die Religion
Die Geschichte des Yoga
Verbreitete Yoga-Schulen
Gesundheitliche Wirkungen
Yoga – ein sehr umfassendes Übungssystem
Wer sich heute um körperliche und mentale Entspannung bemühen möchte, der steht vor einer Fülle an Angeboten. Viele Bücher, CDs, DVDs und Kursangebote erlauben die Auswahl von unterschiedlichen Systemen und Übungen. Ein weitverbreitetes Übungssystem ist Yoga. Yoga stammt aus Indien, wo es in erster Linie eine philosophisch-spirituelle Bedeutung hat. Hier im Westen steht dieser Aspekt weniger im Vordergrund und es geht vielmehr darum, den Körper und Geist in einen entspannten Zustand zu bringen. Die Angebotsdichte ist im Yoga so hoch, dass es nicht möglich ist, einen genauen Überblick zu vermitteln. Es lassen sich jedoch drei Trends beobachten: der Trend, Yoga nur als Entspannungsmaßnahme zu praktizieren, der Trend, Yoga mit verschiedenen philosophischen und spirituellen Elementen zu kombinieren, und der Trend, die ursprüngliche Bedeutung des Yoga zu würdigen. Damit ist Yoga gegenwärtig ein sehr umfassendes Übungssystem, dessen Schwerpunkte jeder Einzelne für sich selbst festlegen kann.
Was ist Yoga?
Unter Yoga versteht man im Allgemeinen ein meditatives und körperbezogenes Übungssystem. Im Speziellen handelt es sich jedoch um weitaus mehr, nämlich um eine klassische Schule der indischen Philosophie. Das Wort „Yoga“ kann als „anspannen“, „anschirren“ oder „zusammenbinden“ übersetzt werden. Gängige Deutungen sind „Vereinigung“ oder „Integration“. Körper und Geist sollen in eine Harmonie gebracht werden, um mit dem Kosmos eins werden zu können. Yoga ist keine einheitliche Schule, sondern ein Weg der Selbsterkenntnis. Dies ist auch der Grund, weshalb es viele unterschiedliche Yoga-Wege im Hinduismus gibt. Jeder Weg ist das Ergebnis eines Suchenden nach Erkenntnis. Weil die Selbsterkenntnis im Vordergrund steht, gibt es zahlreiche Yoga-Formen mit verschiedenen Inhalten und Übungen. In den westlichen Gesellschaften wird unter Yoga meist nur die körperbezogene Übungspraxis – die Asanas – verstanden.
Yoga und die sechs orthodoxen Darshanas
Yoga ist Teil der Darshanas, der sechs klassischen Schulen der indischen Philosophie. „Darshan“ bedeutet so viel wie „Betrachtung“, „Beobachtung“, „Zusammentreffen“ oder „Philosophie“. Das Verb „drish“ kann mit „sehen“ übersetzt werden. Darshan bezeichnet die Sicht oder die Einsicht des Heiligen bzw. Göttlichen. Der Mensch kann demnach das Göttliche erkennen. Die ersten vier Darshanas bildeten ursprünglich eine Einheit. Aus diesen haben sich eigenständige Denkschulen entwickelt. Die letzten beiden Darshanas wurden erst später konzipiert, sind aber mit den ursprünglichen Schulen verknüpft worden. Die sechs traditionellen Schulen haben damit zwar unterschiedliche Entwicklungen hinter sich, sind aber als eine große Einheit aufzufassen. Nach der historischen Entstehung geordnet, sind im Folgenden die sechs Schulen aufgelistet: Mimansa, Vedanta, Samkhya, Yoga, Nyaya und Vaisheshika.
Yoga als Weg der Entspannung
Yoga ist im Westen als ein Verfahren zur körperlichen und geistigen Entspannung bekannt. Für viele ist die Entspannung bereits der Zweck des Yoga, doch mit Blick auf die spirituellen Hintergründe ist die Entspannung selbst nur ein Mittel, um sich dem Ziel der Selbsterkenntnis bzw. dem Eins-Sein anzunähern. Generell ist es möglich, Yoga nur auf die Entspannungsfunktion zu reduzieren und zu üben. Doch damit würde nur ein Teilbereich des Yoga gelernt werden. Das sollte niemals vergessen werden. Die bewusste Entspannung stellt ein Gegengewicht zur alltäglichen Anspannung dar. Viel Stress, Nervosität oder anhaftende Gedanken führen dazu, dass der Mensch Energie abgibt. Wenn dann eine Erholung ausbleibt, kommt es irgendwann zum Kollabieren. Darum ist es wichtig, immer wieder Energie aufzutanken. Dies geschieht über die Entspannung, durch das bewusste Lösen von Verkrampfungen und das Loslassen von hemmenden bzw. blockierenden Glaubenssätzen oder Gedanken. Dadurch wird der Mensch zu einem Kanal, durch den die Energie hindurchfließen kann, ohne dass sie gehemmt werden würde. Yoga ermöglicht wie z. B. auch Tai Chi und Qigong eine Tiefenentspannung, durch die der Körper von innen heraus entspannt wird.
Philosophie und Religion des Yoga
Yoga stammt aus Indien und hat damit seine Wurzeln in der asiatischen Geisteswelt. Diese war keinesfalls homogen, sondern in unterschiedliche Glaubensrichtungen und Weltdeutungsmodelle aufgeteilt. Yoga geht sowohl auf hinduistische Traditionen als auch auf buddhistische Traditionen zurück. Aus dieser Synthese ist das Bild des Menschen im Yoga das eines Reisenden. Der Körper wird dabei als Wagen angesehen, in welchem der Reisende seine Unternehmungen vornimmt. Je besser der Wagen ist, desto besser kommt der Reisende voran. Der menschliche Verstand gilt als Kutscher, der den Wagen steuert und die Richtungen bestimmt. Gezogen wird der Wagen von fünf Pferden. Diese symbolisieren die fünf Sinnesorgane. Der Fahrgast ist das menschliche Sein, also die Seele. Das Geschirr, was alles miteinander verbindet heißt im Indischen „Yoga“.
Yoga und Bhagavad-Gita
Die Bhagavad Gita ist eine zentrale Schrift des Hinduismus und wird mit „Gesang der Erhabenen“ übersetzt. Die Kapitelüberschriften geben Hinweise auf bestimmte Yoga-Formen – so gibt es zum Beispiel den Karma-Yoga oder den Jnana-Yoga. Sie vermitteln relevante philosophische bzw. spirituelle Ansichten und unterstützen damit die Übungspraxis. Es gibt auch ethische Unterweisungen, weil Yoga über die Entspannung und den Weg zur Selbsterkenntnis hinaus als eine umfassende Lehre der Lebensbewältigung verstanden wird. Dabei spielt auch Karma eine essenzielle Rolle. Dieses Prinzip von Ursache und Wirkung kommt sowohl in hinduistischen als auch buddhistischen Schulen vor. Weitere Inhalte sind Dharma und Reinkarnationslehren. In der Bhagavad-Gita finden sich auch ganz konkrete Anweisungen, wie zum Beispiel das Regulieren des Ein- und Ausatmens oder die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge.
Yoga und die Religion
Im Kontext von Hinduismus und Buddhismus stehen die religiösen Aspekte der Selbsterkenntnis im Vordergrund. Es geht um die Selbstbefreiung und um das Erreichen von Erleuchtung. Diese zentralen Kategorien ostasiatischen Denkens sind allerdings heutzutage nicht erforderlich, um Yoga zu praktizieren. Yoga wird von Menschen unterschiedlichster Religionen und Weltanschauungen geübt, was zeigt, dass die eher theoretischen Inhalte nicht zwangsläufig übernommen werden müssen. In den Yamas und Niyamas, zwei Verhaltenskodexen, finden sich Gemeinsamkeiten mit den Zehn Geboten des Christentums und Judentums. Es gibt auch Parallelen zu islamischen Lehren. Hierbei ist die Weltanschauung der Upanishaden besonders hervorzuheben. Die Yogis betrachten in Anlehnung an diese nämlich die „Weltseele“ als ein universelles Prinzip, das alles durchdringt und alle Lebewesen miteinander verbindet.
Die Geschichte des Yoga
Eine genaue Datierung zur Gründung des Yoga liegt nicht vor. Bereits in der Antike waren Übungsformen bekannt, die heutzutage Teil des Yoga sind. So gab es beispielsweise bereits bei den alten Upanishaden ca. 700 v. Chr. Atemübungen und die Idee, seine Sinne aus der Welt zurückzuziehen, um das Wesentliche erkennen zu können. Auch Meditationen sind seit dem Altertum bekannt. Um das Jahr 400 v. Chr. kam der Begriff „Yoga“ immer häufiger vor. Er wurde vor allem bei den mittleren Upanishaden gebraucht. In der damaligen Zeit stand Yoga in einer engen Verbindung mit den theoretischen Grundlagen des Samkhya. 300 v. Chr. war Yoga ein integraler Bestandteil des Mahabharata, dem bekanntesten indischen Epos. Darin ist Yoga als Praxis zum theoretischen Sankhya beschrieben. Es gibt mehrere historische Personen, die als Gründer des Yoga geführt werden. Es ist anzunehmen, dass Patanjali die vorhandenen Yoga-Lehren im 2. oder 4. Jh. v. Chr. zusammengeführt hat und dabei wie ein Flaschenhals gewirkt hat. Sein Werk setzt sich aus vier Büchern zusammen, die insgesamt 194 Merksätze beinhalten. Diese werden Sutras genannt. Lange Zeit galt Yoga ausschließlich als ein spiritueller Weg, bei dem es um Mediation und Erleuchtung geht. Die vielen Asanas (Körperhaltungen) haben sich im Laufe der Zeit entwickelt. In der jüngeren Zeit erkannte man immer mehr die gesundheitlichen Wirkungen der Körperhaltungen. So kam es zu Weiterentwicklungen der Asanas und zu einer stärkeren körperlichen Betätigung im Yoga. Im 15. Jh. wurde ein Text über den Hatha-Yoga verfasst, in welchem beschrieben wird, welche Techniken notwendig sind, um den Körper als effektives Mittel zum Erreichen spiritueller Ziele zu nutzen.
Verbreitete Yoga-Schulen
Im Westen ist vor allem der Hatha-Yoga verbreitet. Hierbei geht es um die körperbezogenen Yoga-Übungen und um die Suche nach einem entspannenden Ausgleich zum oft hektischen Alltag. „Hatha“ bedeutet so viel wie „Kraft“ oder „Hartnäckigkeit“ und zeigt damit den Charakter der Übungen auf: Mittels körperlicher und geistiger Anstrengung sollen Grenzen überwunden und die Einheit von Körper, Geist und Seele erreicht werden. Der Begriff des Hatha-Yoga hat eine Tradition, die bis in das 15. Jh. zurückreicht. In einer alten Lehrschrift wird zwischen dem spirituellen und dem körperlichen Yoga differenziert. Hatha-Yoga meint dabei den körperlichen Yoga.
Eine andere weitverbreitete Yoga-Schule ist der sogenannte Sivananda-Yoga. Dabei wird der Ansatz verfolgt, alle bekannten Yoga-Systeme zu integrieren, um einen „ganzheitlichen“ Übungsweg zu entwickeln. Der Sivananda-Yoga geht auf die Yogameister Swami Sivananda und Swami Vishnudevananda zurück. Es gibt weitere integrale Yoga-Schulen, wie zum Beispiel den Kundalini-Yoga, der vor allem im Tantrismus eine wesentliche Rolle spielt. Eine eher spirituell ausgerichtete Yoga-Schule, die sich im Westen etablieren konnte, ist der Tibetische Yoga. Darin kommt dem Traumyoga eine essenzielle Rolle zu. Traumyoga steht in enger Verbindung mit dem luziden Träumen. Im Schlaf sollen spirituelle Übungen praktiziert werden.
Im Rahmen der Fitness- und Wellness-Bewegungen haben sich viele weitere Yoga-Systeme entwickelt. Die Anzahl ist unüberschaubar, da nahezu jedes Fitness-Studio eigene Yoga-Kurse anbietet. Diese neuen Systeme haben kaum noch einen Bezug zu den traditionellen Yoga-Richtungen und werden mit anderen Bewegungssystemen kombiniert. So gibt es beispielsweise das sogenannte Yogilates, eine Kombination aus Yoga-Übungen und Pilates-Übungen.
Gesundheitliche Wirkungen
Yoga wirkt sich auf die körperliche und geistige Gesundheit positiv aus. Das war nicht schon in der Vergangenheit bekannt, sondern wurde auch durch zahlreiche medizinische Studien belegt. Yoga kann sogar zur Linderung von Krankheitssymptomen beitragen. Es wirkt damit präventiv und therapeutisch. Yoga wirkt gesundheitlich positiv bei Durchblutungsstörungen, bei Schlafstörungen, bei Ängsten und Depressionen, bei Kopfschmerzen und bei Rückenschmerzen. In Deutschland ist es darum möglich, die Kosten für die Teilnahme an Yoga-Kursen von den Krankenkassen erstattet zu bekommen. Dies ist vor allem dann möglich, wenn es um präventive Maßnahmen geht und um die Risikoreduzierung stressbedingter Krankheiten, wie zum Beispiel Burn-Out.
Wie die Entspannung sind die gesundheitlichen Wirkungen des Yoga kein Ziel, sondern eher eine Begleiterscheinung. Es ist zwar möglich, Yoga ausschließlich für die präventive und therapeutische Arbeit zu nutzen, aber damit würde man diese umfassende philosophische Lehre auf einige wenige Aspekte reduzieren. Die Asanas stärken den gesamten Körper, da sie Kraft, Beweglichkeit, Ausdauer und Gleichgewicht trainieren. Die Durchblutung verbessert sich durch die spezielle Form der Kraftanwendung. Die Tiefenmuskulatur, die für eine gesunde Körperhaltung unerlässlich ist, wird gekräftigt, und die inneren Organe können massiert werden, was die Organtätigkeit anregt. Damit diese positiven Effekte eintreten können, müssen die Übungen korrekt ausgeführt werden. Ansonsten drohen Überbelastungen und Körperschäden. Darum ist es nur bedingt möglich, Yoga ohne qualifizierte Anleitung zu erlernen. Die gesundheitlichen Wirkungen stehen im Zusammenhang mit dem eigenen Lebensentwurf, denn zur psychischen Gesundheit gehört auch die Reflexion eigener Erfahrungen und eigener Handlungsweisen. Dieses Reflexionsvermögen kann im Yoga durch Meditation gefordert und gefördert werden.
Tipp: In unserem Shop finden Sie die DVD „Dao Yoga“ mit klassischen Yoga- und Boden-Yogaübungen, die vor allem umfangreich dehnen und mobilisieren. Sie erlernen ein Mudra (Finger-Yoga) und schließen mit einer Tiefenentspannung im Liegen ab.
Autor: Christoph Eydt
Fotos: taiji-forum.de, Naissan Schneider, Marco Heggen und Kosta Heiko Wemuth