In der Landschaft der Künste Taijiquan und Qigong in Europa spielen seit einigen Jahren Ausbildungen eine zunehmend große Rolle. Neben Taijiquan Kursen als reine, gesunde und sinnvolle Freizeitbeschäftigung entdecken mehr und mehr Menschen das Unterrichten als mögliche Profession oder Nebenbeschäftigung für sich.
2003 gründete sich der Deutsche Dachverband für Qigong und Taijiquan e.V. (DDQT e.V.) und vereint als erster in Deutschland eine Vielzahl von bis dato agierenden Ausbildungsinstituten unter einem gemeinsamen Dach. Ein Ziel der Dachverbandsarbeit ist das Dickicht der Ausbildungen transparent zu machen für AusbildungsinterresentInnen einerseits und andererseits z.B. Kursveranstalter und Krankenkassen auf zu klären über Qualitätskriterien, die Taijiquan Ausbildungen aufweisen sollten. Lehrenden, die entsprechend dieser Standards ausgebildet sind, können ein DDQT-Gütesiegel erhalten, welches die Zertifizierung durch ihr ausbildendes Institut und die Qualitätssicherung des DDQT e.V. dokumentiert.
Dieses Netzwerk der Ausbildungsinstitute hat in ausführlichen, demokratischen Prozessen gemeinsame Ausbildungsstandards und Qualitätskriterien entwickelt. Ausbildungen werden vielfach mit Prüfungen abgeschlossen auf denen u.a. die Qualitätssicherung der Zertifizierung fußt.
Präsenzunterricht ist unersetzlich und von einem reinen Heimstudium auf der Basis von DVDs wird ausdrücklich abgeraten!
Gut ausgebildete LehrerInnen mit ausführlichem Hintergrundwissen, selbstverständlich auch im Hinblick auf Methodik/Didaktik, können nach Ansicht des Verbandes keineswegs aufgewogen werden durch Lehrende, die im Heimstudium zu einem Zertifikat gekommen sind.
Zeit ist ein entscheidender Faktor in der Ausbildung von Kompetenzen, Verständnis und Erfahrung im Fachbereich Taijiquan. Dabei ist es unerheblich, ob auf eine Prüfung hin gearbeitet wird oder aus reinem Interesse.
Allein das Erlernen des Bewegungsablaufes einer sogenannten Taiji-Form bedarf einiger Monate, bei traditionellen Langformen mitunter Jahre, um sie von Anfang bis Ende wiedergeben zu können. Sicherlich beginnt von der ersten Wiederholung an ein Prozess, der den Übenden dem Verstehen, dem Durchdringen und Verinnerlichen der Kunst näher bringt.
Einer Ausbildung mit dem Ziel anderen die Kunst zu lehren sind Vorkenntnisse, einige bereits vollzogene Runden auf dem Zirkel von „Lernen-üben-verstehen“, mit Sicherheit zuträglich. InteressentInnen von Ausbildungen ohne jegliche Vorkenntnisse ist dringend zu raten ausreichend Zeit einzuplanen und sich einem seriösen Ausbildungsinstitut an zu vertrauen.
Ablauf einer Ausbildung
Der Ablauf einer Ausbildung sollte sich zunächst ausführlich dem Er- oder Neulernen einer Form widmen und viele Hinweise für ein befriedigendes und auch eigenständiges Üben mitliefern. Mit Blick auf die Perspektive des Lehrens ist es wichtig sowohl den theoretischen (medizinisch, philosophisch, anwendungsbezogenen) als auch den kulturellen Überbau und Kontext der Kunst ausreichend zu berücksichtigen und in den oben bereits genannten Zirkel von „Lernen-üben-verstehen“ ein zu speisen.
Pädagogik, Methodik/Didaktik und ein erhebliches Maß an Auseinandersetzung mit Gruppendynamik und der Rolle als Lehrender darf keines Falls fehlen.
Die Ausbildungsleitlinien des DDQT e.V. geben einen detaillierten Überblick über fachliche mindest Standards, die eine Ausbildung umfassen muss.
Als Qualitätssichernde Maßnahmen werden durchaus schriftliche Arbeiten verlangt und Referate gehalten. Ausbildungsseminare sollten im Verlauf der Ausbildung immer wieder Lehrproben und intensive Feed-back Gespräche umfassen und gegen Ende betreute, begleitete und zu evaluierende Kurs-Projekte in Eigenregie ermöglichen. Eine Prüfung mit wenigstens zwei prüfenden Personen sollte den Abschluss der Ausbildung bilden.
Fortbildung
Ist eine Kursleiter-Ausbildung erfolgreich abgeschlossen worden, hat der Auszubildende mindestens 250 UE zzgl. täglicher Übungszeit von mindestens 30 Minuten in einem Zeitraum von 3 Jahren absolviert, was als absolutes Minimum zu werten ist und ohne Vorkenntnisse geschweige denn ohne kompetente LehrerIn aus Fleisch und Blut, kaum überzeugend zu bewerkstelligen ist. Fort- und Weiterbildung ist weiterhin und langfristig unerlässlich, um sich mit Recht als seriöser Kursanbieter an den Markt zu wagen.
Laut DDQT Ausbildungsstandards umfasst das Minimum für einen Lehrer-Status 500 UE innerhalb von mindestens 5 Jahren und eine Anerkennung als Ausbilder ist erst nach 15 Jahren und mindestens 1000 UE Ausbildung möglich.
Krankenkassen
Seit 2004 wird der DDQT e.V. in dem Handlungsleitfaden der Spitzenverbände der deutschen Krankenkassen als ausschlaggebender Verband aufgeführt.
Bundesweit fordern viele Krankenkassen die Vorlage eines DDQT-Gütesiegels, um über die Anerkennung eines Lehrenden und dessen Kursangebot zu entscheiden. Eine generelle Krankenkassenzulassung gibt es nicht.
Der Kursanbieter muss derzeit, um den Vorstellungen der Krankenkassen gerecht zu werden, über einen Grundberuf verfügen sowie über aktuelle 300 UE Qualifikation für des Fachbereich Taijiquan. Der Handlungsleitfaden wird immer wieder geändert und eine einheitliche Praxis bezüglich der Anerkennung durch Krankenkassen oder gar eine generelle Anerkennung gibt es nicht.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung betreibt, kofinanziert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds, ein Projekt zur Förderung des Lebenslangen Lernens bzw. der Weiterqualifizierung von ArbeitnehmerInnen.
Erwerbstätige, die sich qualifizieren und weiterbilden möchten z.B. zum Kursleiter/Lehrer für Taijiquan können sich einen Bildungsgutschein ausstellen lassen über den, alle 2 Jahre die Hälfte, aber maximal 500 €, vom Staat zu dieser Maßnahme beigesteuert werden. Vorraussetzung ist hier, dass die Maßnahme von einem seriösen Ausbildungsanbieter durchgeführt wird, dessen Seriosität z.B. durch eine Mitgliedschaft beim DDQT e.V. dokumentiert und transparent gemacht wird.
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Autorin: Angela Menzel, Vorstandsmitglied des „Deutschen Dachverbands für Qigong und Taijiquan e.V. (DDQT e.V.)
Fotos: Taiji-Forum.de