DDQT = Deutscher Dachverband für Qigong und Taijiquan
Bei den 3. Dtsch. Qigong-Tagen vom 16. – 18. Oktober 1998 in Oldenburg rief Wilfried Belschner auf Initiative des Vorstandes der Deutschen Qigong Gesellschaft und des Netzwerk-Vorstandes (TQN) und anderen engagierten zu einem ersten berufspolitisch motivierten Treffen im Rahmen der Qigong-Tage auf. So fand ein erstes Vorgespräch über die Notwendigkeit eines berufspolitischen Zusammenschlusses mit ca. 30 Interessierten Einzelpersonen und Organsationsvertretern statt. Es wurde vereinbart, ein erstes Treffen zur Gründung einer übergeordneten Organisation zu wagen. Manfred Folkers, Gitta Bach, Petra Hinterthür, Helmut Oberlack und Christian Auerbach bereiteten daraufhin den Gründungsversuch eines Berufsverbandes vor.
Gründungsversuch eines Berufsverbandes
Dieser erste Gründungsversuch zu einem deutschen Berufsverband für Qigong und Taijiquan, der bereits 1999 unternommen wurde, ist leider gescheitert. Es hatten mehrere engagierte Vorbereitungstreffen zu dessen Gründung stattgefunden, und am 30. April 1999 sollte es dann so weit sein: Es trafen sich über 70 Vertreter von Schulen und Verbänden zu zwei Treffen in Göttingen. Leider gab es gleich mehrere Gründe, warum eine Einigung nicht zustande kam:
Es gab noch keine von allen Gründungsmitgliedern akzeptierten Qualitätsstandards für Unterrichtende, so dass man sich über die Aufnahmekriterien für eine Verbands- und Vereinsgründung nicht einigen konnte.
Auch bei der Diskussion über die Satzung wurde man sich nicht über die Zielsetzung einig: Sollte es ein Dachverband oder Berufsverband werden? Und zudem verstrickten sich die Teilnehmer bei der Diskussion in Details eines Satzungsentwurfs.
Die Gruppe der Gründungsmitglieder war so inhomogen und groß (Schüler, Kursleiter, Lehrer, Ausbilder und wissenschaftliche Vertreter bildeten das Forum), dass es ohne eine zielgerichtete und sehr straffe Moderation unmöglich wurde, in einem angemessenen Zeitraum zu einem Ergebnis zu kommen.
Zum Abschluss des Treffens wurde dann noch ein großes Gruppenfoto gemacht, das sehr schön die trotz allem vorhandene Aufbruchstimmung wiedergab und von der Initiatorengruppe wurden noch weitere Treffen angekündigt, doch verlief die Initiative dann leider im Sande, da die allgemeine Ratlosigkeit und der Frust über das Scheitern dieses Gründungstreffens letztlich doch überwog.
Gründung des Dachverbandes (DDQT) 2003
Nach einer längeren Pause und einer intensiven Vorbereitungsphase gelang in einem zweiten Anlauf im Herbst 2003 die Gründung des „Deutschen Dachverbandes für Qigong und Taijiquan e.V. (DDQT)“ in Göttingen.
Inzwischen war in einer zweijährigen Vorbereitungsphase nach einer breiten Sichtung von Ausbildungskonzepten der unterschiedlichsten Schulen und Ausbildungsinstitute aus dem Taiji-Bereich „Allgemeine Ausbildungsleitlinien für Taijiquan“ (AALL/T) erarbeitet worden. Diese Leitlinien (AALL) versuchten erstmals bundesweit Mindeststandards für die Taiji-Kursleiter, -Lehrer und -Ausbilder-Qualifikationen zu formulieren. In einer intensiven (meist über E-Mail und Telefon geführten) Diskussionsphase mit 16 ausbildenden Kollegen hatte ich federführend den Versuch unternommen, die zum Teil sehr unterschiedlichen Standards der Kollegen für die Taiji-Kursleiter und –Lehrerausbildungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Diese Vorbereitungen führten dann 2002 zu einem Treffen der sechzehn Taiji-Kollegen in Osnabrück. Unter der straff moderierten Leitung von Karl von Kannen gelang es, sich auf die (inzwischen schon etablierten) „Allgemeinen Ausbildungsleitlinien“ (AALL) für Taijiquan zu einigen, nachdem sie noch in den Details diskutiert und überarbeitet und dann als gemeinsame Ausbildungsstandards beschlossen und verabschiedet wurden.
Diese Aktion des Netzwerks in Bezug auf Taijiquan inspirierte auch die Qigong-Szene neu. So erlangten die entstandenen Ausbildungsleitlinien durch konsequentes einbeziehen von anderen auch über das Netzwerk hinaus Beachtung und wurden mehrheitsfähig. Auch im Qigong waren im Zeitraum zwischen 1997 und 2002, so Christian Auerbach, waren bereits Ausbildungsstandards entstanden, die sich in der Deutschen Qigong Gesellschaft ebenfalls richtungsübergreifend formuliert waren – allerdings nicht mit anderen Organisationen abgestimmt – erarbeitet u.a. von Petra Hinterthür, Zuzana Sebkova-Thaller, Beate Bamberger-Hüfner, Dieter Mayer, Dieter Hölle, Walter Gutheinz, Christian Auerbach. Diese Standards zusammen mit den Taijiquan AALL’s des Netzwerks führten dazu, sich im Qigong ebenfalls rasch auf gemeinsame Standards zu einigen, so dass sich 2003 dann in Göttingen 16 Ausbildungsinstitute, Vereine und Verbände aus den Bereichen Qigong und Taiji, nach einer weiteren gründlicher Vorbereitung von Helmut Oberlack und Christian Auerbach, sowohl auf eine gemeinsame Zielrichtung und Satzung als auch auf die bereits vorliegenden gemeinsame Ausbildungsstandards (AALL für Taijqiquan und Qigong) in einem einzigen Treffen einigen konnten.
Damit wurde auch meine ursprünglich Vorstellung hinfällig, die Leitlinien (AALL) als Kontrollinstrument für Schüler/innen über die Qualität von Ausbildungen, jederzeit abrufbar ins Internet zu stellen und damit einen Dachverband überflüssig zu machen.
Zum Gründungsprozess des DDQT trugen eine ganze Reihe engagierter Taiji- und Qigong-Praktiker bei, die viel ehrenamtlichen Einsatz geleistet haben und bei denen ich mich an dieser Stelle für ihren Einsatz und für die gute Zusammenarbeit ausdrücklich bedanken möchten. Zu ihnen gehörten aus meiner Sicht insbesondere: Klaus Mögling, Helmut Oberlack, Detlef Klossow, Sonja Blank und Brigitte Kraft in der Vorbereitungsphase der AALL und zu einem späteren Zeitpunkt bei der Gründung zusätzlich: Christian Auerbach, Wilhelm Mertens, Manfred Folkers und Zuzana Šebkova-Thaller, Eva Rehle, Angela Menzel (damals für Volker Jung) und einige anderer Personen, die es entschuldigen mögen, wenn ich sie nicht mehr im Gedächnis habe.
Allgemeine Ausbildungsleitlinien (AALL) als Grundlage des DDQT
Die Qualitätsstandards der AALL für Kursleiter, Lehrer und Ausbilder bilden die ideelle Grundlage des DDQT. Dabei bilden folgende einfache äußere Merkmale den Rahmen: Taiji-Kursleiter: mindestens drei Jahre Ausbildungszeit, 250 Unterrichtsstunden, eine Kurze Form und Einführende Sequenzen (Qigong: entsprechend Inhalte und mindestens zwei Jahre Ausbildungszeit und 250 Unterrichtstunden), Taiji-Lehrer: mindestens sechs Jahre Ausbildungszeit und 500 Unterrichtsstunden, zusätzlich eine Lange Form und eine Waffenform (Qigong: entsprechende Inhalte und fünf Jahre Ausbildungszeit und 500 Unterrichtsstunden), Taiji-Ausbilder: mindestens 15 Jahre Ausbildungszeit und 1000 Unterrichtsstunden und entsprechende vertiefende Inhalte (Qigong: entsprechend neun Jahre und 780 Unterrichtsstunden).
Dabei handelt es sich bei allen Angaben um Mindestangaben, die von jedem Ausbildungsinstitut überschritten, aber nicht unterschritten werden dürfen. Zudem ist jedes Ausbildungsinstitut berechtigt, entsprechende Zwischenstufen einzubauen. Von einigen Ausbildungsinstituten ist von den Kursleitern noch eine Übungsleiter oder Assistenzphase vorgesehen. Die AALL werden vom Qigong- und Taiji-Ausschuss des DDQT bei der Aufnahme von neuen Mitgliedern aus Mindestaufnahme-Kriterien geprüft und ständig weiterentwickelt. Der aktuelle Stand der AALL oder kurz AL kann auf der Internet-Seite des DDQT (www.ddqt.de) eingesehen werden.
Zudem vergibt der DDQT bundeseinheitliche Gütesiegel für von seinen Mitgliedsorganisationen (MGOs) nach den AL ausgebildeten und zertifizierten Kursleitern, Lehrern und Ausbildern. Dies machte es Außenstehenden (Krankenkassen, Sportverbänden, Volkshochschulen, Weiterbildungseinrichtungen und Schülerinnen und Schülern) einfacher, die Mindest-Qualität der Unterrichtenden einzuschätzen.
Lesen Sie hier den Artikel „Taijiquan- und Qigonglehrerausbildung“
Krankenkassen haben den DDQT als Partner anerkannt
Die Deutschen Krankenkassen haben den DDQT in ihrem „Leitfaden für Prävention“ für die Erstattung von Einführungskursen in Qigong und Taijiquan als Partner für Ihre Mitglieder anerkannt. Dies kann als ein erster Schritt angesehen werden, Qigong und Taijiquan als Gesundheits- und Lebenspflege im Deutschen Gesundheitssystem zu etablieren. Jedoch ist der DDQT noch weit davon entfernt sein Ziel, Qigong und Taiji-Lehrer als eigenständigen Ausbildungsberuf, zu verwirklichen. An ein eigenständiges Berufsbild sind von staatlicher Seite hohe Anforderungen gestellt.
Schon seit 1989 bestanden, so Christian Auerbach, Kontakte und Verabredungen mit Krankenkassen. Ab 1993 wurde der Kontakt koordinierter gepflegt. Johann Bölts für das PTCH, Christian Auerbach für die Dtsch. Qigong Ges. und Wilhelm Mertens und Helmut Oberlack für das Netzwerk, tauschten sich untereinander über ihre Gespräche aus. Dies führte im Jahr 2000 zu einer breiten Anerkennung von Qigong und Taijiquan im Rahmen von § 20 SGB V, beschrieben in den ersten für alle Kassen gültigen Leitlinien. Bei der Erarbeitung verbesserter Leitlinien ab 2004 durch die Krankenkassen wurden 4 Experten für Taijiquan und Qigong eingeladen, erstmalig der DDQT mit seinem Vorstand Wilhelm Mertens, das PTCH mit Johann Bölts, das IFBuB mit Klaus Mögling und Petra Kobayashi. Die neuen Leitlinien galten dann ab 2006.
Leider sind Erstattungen von Kosten für Einführungskurse der Schüler an einen sogenannten Primärberuf (Staatlich anerkannte Ausbildung in einem Gesundheits- oder Sozialberuf) gebunden. Dies ist als eine Restriktion der Kassen anzusehen, ihr Erstattungsbudget möglichst klein zu halten (dabei ist die Regelung für Taiji, Qigong und Yoga die mit Abstand kulanteste von allen im Bereich der §20 SGB V – Kursleiter-Regelungen !!- Anmerkung von Christian Auerbach). Inzwischen ist die Anerkennung der Kassen von 250 auf 300 Unterrichtsstunden hochgesetzt worden. Es ist damit zu rechnen, dass diese Mindeststundenzahl für die Ausbildung weiter angehoben wird, da sie zum Beispiel bei Yoga von vorn herein auf 500 Unterrichtsstunden festgesetzt wurde. Die Erstattungspraktiken der Krankenkassen können aus politischen Gründen jederzeit geändert werden, daher sollte der DDQT sich, nach meiner Ansicht, bei seinen Qualitätsstands nicht an den Kassen orientieren und sich von ihren abhängig machen, sondern seine eigenen Standards solide weiterentwickeln. Dazu gehört sicherlich, eine integrale, im westlichen und östlichem Sinne eigenständige Pädagogik und spezielle Grundlagen in schulmedizinischer und östlicher (TCM) Medizin für die Ausbildung von Kursleitern, Lehrer und Ausbildern.
Tradition und Zukunftsvision für den DDQT
Inzwischen ist der DDQT von anfänglich 16 auf fast 50 Mitglieder gewachsen. Dazu gehören: Ausbildungsinstitute, regionale Vereine und bundesweit tätige Verbände. Unter ihnen sind die großen alten Taiji-Traditionen wie Wudang-Stil, Chen-Stil, Yang-Stil, Wu-Stil und Li-Stiel inzwischen ebenso vertreten wie unabhängige bundesweite Verbände, wie zum Beispiel das Taijiquan & Qigong Netzwerk Deutschland e. V. und die Deutsche Qigong Gesellschaft e.V. Den letzten beiden stil- und richtungsübergreifenden Verbänden kommt dadurch so etwas wie eine interne Fachverbandsfunktion zu, mit den Schwerpunkten Taijiquan (Netzwerk) und Qigong (Qigong-Gesellschaft). Der Bereich Qigong im DDQT repräsentiert ebenfalls ein breites Spektrum von unterschiedlichen Ansätzen und Traditionen im Dachverband. Im DDQT sind alle willkommen, die sich zu den AALL als Mindest-Qualitätsstandard verpflichten. Zudem hat der DDQT inzwischen in enger Kooperation mit seinen Mitgliedern verpflichtende Ethik-Richtlinien für die eigene Arbeit entwickelt, die dem Schutz der Schüler und Schülerinnen und den Interessenten für eine Ausbildung dienen.
Neben den satzungsmäßigen Aufgaben, u.a. Repräsentation der Berufsinteressen gegenüber Staat und Gesellschaft (siehe www.ddqt.de) wird es in Zukunft darum gehen müssen, einerseits den Kontakt zu den alten Traditionen in China (soweit dort noch ansässig) zu intensivieren und zu pflegen und andererseits ein eigenständiges modernes europäisches Qigong und Taijiquan zu entwickeln und zu pflegen.
Dazu gehört eine länderweite und europaweite Vernetzung der jeweiligen Verbände ebenso, wie eine Eigenständigkeit, Zuordnung zu, und ein Kooperation mit den jeweiligen Gesundheits- und Gesundheitssportverbänden und andererseits eine inhaltliche Entwicklung und tiefgehende Ausformulierung des Qigong und Taijiquan.
Dabei ist aus meiner Sicht der Aspekt „Qigong und Taijiquan als Übungswege der Meditation“ in der Vergangenheit zu kurz gekommen bzw. unterentwickelt geblieben. Das Potential an innerer integraler Entwicklung und Entfaltung, das in der Übung der Bewegungsmeditation enthalten ist, wurde bisher nicht wirklich erkannt und gepflegt. Würde diesem Aspekt mehr Beachtung geschenkt, so hätte er auch einen vertiefenden Einfluss auf die Gesundheits- und Kampfkunstaspekte und würde in ihnen zu mehr Effektivität verhelfen.
So wie es in der Vergangenheit möglich war, die äußeren Gesichtspunkte für eine Ausbildung zum Taijiquan-Kursleiter, -Lehrer und -Ausbilder in einem prozessual entwickelten Konsens in den AALL zu formulieren, so wird es in Zukunft notwendig werden den „inneren Entwicklungs- und Reifungsprozess“ zu beschreiben. Wenn es gelingen würde, einen Konsens für diese Entwicklung im Qigong und Taijiquan herauszuarbeiten, könnte damit sogar die innere Entwicklung eines Schülers oder einer Schülerin bei den jeweiligen Abschlüssen geprüft werden. Klar ist auf jeden Fall, dass bei der Ausbildung vieler Kursleiter und Lehrer dieser innere Aspekt in der Vergangenheit oft zu kurz gekommen ist. Hierzu gehört meines Erachtens – will man wirklich einen inneren Transformationsprozess induzieren und beschreiten – dass zudem eine Auseinandersetzung mit inneren psychodynamischen Prozessen, die durch eine Taiji- oder Qigong-Kursleiter- und Lehrer-Ausbildung angestoßen werden können, durch eine integrale Schattenarbeit ergänzt werden müssen. Auch hier kommt das Yin- und Yang-Symbol zum Tragen, und der Begriff „Schattenboxen“ bekommt eine tiefere Bedeutung. Das Üben der lichten, energetisch-geistigen Seite (yang) der Bewegungsmeditation muss auch dazu führen, die eigenen psychodynamischen Schattenaspekte (yin), die dunkle Seite der Persönlichkeit bewusst zu machen, zu integrieren und zu überschreiten. Nur so können das Üben von Qigong und Taijiquan zu einem wirklichen Transformationsprozess beitragen, der die inneren Erfahrungen des Übensweges auch im Außen, im Alltag und in der Welt (sozial und ökologisch) heilsam wirksam werden lässt.
Klemens J.P. Speer
Lehrer und Ausbilder im eigenen „Institut für T’ai Chi Ch’uan und Meditation“ in Osnabrück, 9 Jahre Mitarbeit am Aufbauprozess des DDQT. Davon 2 Jahre Vorbereitungszeit für die DDQT-Gründung, 5 Jahre Mitarbeit im Taiji-Ausschuss des DDQT und 2 Jahre Vorstandstätigkeit.
Lehrerdatenbank
In unsere Tai Chi- und Qigonglehrerdatenbank finden Sie Anbieter von Unterricht in vielen Städten. Hier können Sie auch Ihre Schule kostenlos eintragen.
Tai Chi/ Qigong Lehrerausbildung
Lesen Sie hier einen Artikel zum Thema „Ausbildung zum Tai Chi- und Qigonglehrer“ von Angela Menzel, Vorstandsmitglied des „Deutsche Dachverbands für Qigong und Taijiquan e.V. (DDQT e.V.) und „Qigong Ausbildung“ von Dipl. Päd. Michael Puschitzky.