Das Interview mit Faye Yip wurde von Nils Klug anlässlich eines 8 Brokate-Workshops von Faye im Tai Chi Studio, Hannover, im Sommer 2106 geführt.
Faye’s Vater und die Turnierlandschaft im Tai Chi
Wir könnten auch ein gesondertes Interview über deinen Vater machen, aber hier vielleicht ein paar Worte darüber, wer dein Vater ist?
Sein Name ist Li Deyin. Ich denke er spielte eine Schlüsselrolle in den jüngsten Entwicklungen in der Entwicklungsgeschichte des Tai Chi, der gesamten Reise in China, weil er einen zentralen Beitrag zur internationalen Turnierszene gemacht hat, wenn man so will. Die 42er Form war die verpflichtende internationale Wettkampfform über viele Jahre und sie ist die offizielle Form, die vom Chinesischen Olympischen Komitee anerkannt ist, worunter auch Wushu fällt. So arbeitete er in zentraler Funktion daran, für Tai Chi als anerkannte Wettkampfplattform zu werben. Dies ist, wenn man die weltweite Entwicklung von Tai Chi betrachtet, ein entscheidender Schritt, es allen zu ermöglichen, einen vereinheitlichten Stil und eine entsprechende Form zu haben, damit man fair vergleichen kann und nicht jede Schule sagt: „Ich bin die einzige, ich bin die beste und ihr könnt das gar nicht beurteilen.“ Mit der Schöpfung eines rundum akzeptierten Formates und der Erschaffung einer Grundlage denke ich hat mein Vater, auch mit anderen Leuten zusammen, einen zentralen Beitrag geleistet.
Das ist ein anderes großes Thema für ein Gespräch: Wettkämpfe. Aber ich erinnere mich gerade daran, wie wir vor vorgestern beim Abendessen saßen und ein bißchen über Wettkämpfe geredet haben, und das Problem, dass es so viele Weltmeisterschaften gibt, so viele verschiedene Regeln, die sich ständig ändern und dass es wünschenswert wäre, dass jedes Land eine große Meisterschaft hätte und dann alle ein oder zwei Jahre eine wirkliche Weltmeisterschaft stattfinden würde und dass es wahrscheinlich hilfreich wäre, wenn diese dieselben Regeln hätten und so weiter. – Aber es sieht so aus, als ob dies noch eine lange lange Reise wäre – mindestens noch weitere zehn Jahre würde ich schätzen.
Das glaube ich auch. Auf jeden Fall denke ich liegt mit es an den verschiedenen Ausrichtern. Ich denke, dass sie sich oft innerhalb eines Systems schon nicht einig sind und das ist, warum sich die Regeln im Grund ändern können, wenn der Ausrichter es so entscheidet. Wenn jedoch alle Ausrichter zu einer Dachorganisation wie den Olympischen Spielen gehören würden, dann ist alles standardisiert. Wir haben diese Art Streitigkeiten nicht beim Turnen beispielsweise, oder bei der Leichtathletik – die Regeln sind dort sehr klar. Aber zur Zeit haben Wushu und genauso Tai Chi diesen Zustand noch nicht ganz erreicht. Im Wesentlichen haben wir die Situation, dass wer auch immer den Wettkampf ausrichtet die Entscheidungsgewalt darüber hat, wie der Wettkampf abläuft und sie können ihre Veranstaltung auch benennen. Auf jeder internationalen Bühne, auch wenn nur drei Länder teilnehmen, kann man es „global“, „weltweit“ – einfach irgendwie nennen wie man will, die Ausrichter entscheiden. Das ist die Herausforderung, der man begegnet, wenn man im Tai Chi eine Art Standard verbreiten will.
Ich kenne einige Weltmeisterschaften und auch Weltmeister…
Ja, ich wette uns allen geht es so…
Aber die Frage ist: Was bedeutet das überhaupt? Ich glaube ernsthaft, dass noch eine Menge Arbeit geleistet werden muss und hoffe, dass es Leute gibt, die wirklich anfangen, diese anzugehen.
Ja, lasst uns das hoffen.
Es ist eine weltweite Aufgabe und insbesondere im Tai Chi ist es sehr schwer. Taijiquan ist hier sehr kompliziert, weil es so viele Ansichten darüber gibt, was Tai Chi wirklich ist und so weiter und so fort. Vielleicht muss deshalb Wushu vorangehen und dann vielleicht, was sie „traditionelles Taijiquan“ nennen – was immer das ist.
Es wird ein langer Weg sein, genau aufgrund der von dir genannten Gründe.
Fotos: Taiji Forum und Faye Yip
Interview mit Faye Yip Teil 3 – Der Weg nach England und die Anfänge des Unterrichtens