Gong Fu, Kung Fu – oder: das Streben nach Perfektion
Der Begriff „Gong Fu“ bzw. „Kung Fu“ wird im Westen für die Bezeichnung der chinesischen Kampfkünste verwendet. Die Bedeutung des Wortes ist aber wesentlich umfassender, so dass die Zuweisung der Kampfkunst als Übersetzung unzureichend ist.
Kung Fu-Filme, Martial Arts-Filme, Eastern … diese Filmkategorien haben das westliche Begriffsverständnis von „Kung Fu“ bzw. „Gong Fu“ maßgeblich geprägt. In der Regel verstehen die meisten unter dieser Begrifflichkeit die Bezeichnung für Kampfkünste – vor allem für chinesische Kampfkünste. So erscheint es verwunderlich, wenn es denn auch heißt, dass Fußballspieler, Maler, Schriftsteller, Dichter, Lehrer etc. Kung Fu beherrschen, selbst wenn diese mit Kampfkunst rein gar nichts zu tun haben.
Kung Fu – Etwas durch harte Arbeit Erreichtes
Kung Fu und Wushu
Kung Fu und die harte Arbeit am Selbst
Kung Fu – Etwas durch harte Arbeit Erreichtes
Im Westen ist die Schreibweise „Kung Fu“ am meisten verbreitet. Unabhängig davon bedeutet der Begriff in sinngemäßer Übersetzung: „Etwas durch harte bzw. geduldige Arbeit Erreichtes“. Damit wird im chinesischen Sprachgebrauch der Kompetenzgrad eines Menschen auf einem bestimmten Gebiet bezeichnet. Dabei geht es vor allem um Kunstfertigkeiten, die man sich durch harte Arbeit erworben hat. Das zeigt, dass die ursprüngliche Begriffsdefinition wesentlich größer ist und nicht nur auf das Gebiet der Kampfkünste beschränkt bleibt.
Im Westen (teilweise aber auch in China) gilt der Begriff „Kung Fu“ der Benennung chinesischer Kampfkünste. Dieser Trend ist eine Folge der Hong-Kong-Filme der 1960er Jahre sowie der Arbeiten von Bruce Lee, welcher für die Bezeichnung der Kampfkünste das Wort „Gungfu“ verwendet hat. Durch die Fernsehserie „Kung Fu“ (Hauptrolle: David Carradine) wurde der Begriff endgültig medial besetzt und als Synonym für die chinesischen Kampfkünste verwendet.
Kung Fu und Wushu
Das bessere Wort, um chinesische Kampfkünste zu bezeichnen, ist „Wushu“. Dieses kann direkt mit „Kampfkunst“ übersetzt werden und dient als Sammelbegriff der Benennung aller chinesischer Kampfkunststile. In China hat sich jedoch auch der Kung Fu-Begriff zur Kampfkunstbezeichnung etablieren können, was auf die interne Entwicklung des Wushu zurückzuführen ist. Um nämlich das traditionelle Wushu von dem modernen, meist akrobatisch-artistisch betriebenen, Wushu zu unterscheiden, wird das traditionelle Wushu als Kung Fu bezeichnet.
Kung Fu und die harte Arbeit am Selbst
Das Wort „Kung Fu“ setzt sich aus den übersetzten Begriffen „Errungenschaft“ und „Mensch“ zusammen. Im philosophischen Kontext handelt es sich um das beständige Bemühen eines Menschen nach Vervollkommnung. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Bereich nach Vervollkommnung gestrebt wird, denn in jeder Tätigkeit kommt die geistige Haltung zum Ausdruck. Wenn das Handeln vervollkommnet wird, so wird auch der Charakter geformt. In diesem Sinne meint „Kung Fu“ die Arbeit an der eigenen Persönlichkeit durch das konsequente Üben und Ausführen einer bestimmten Kunstfertigkeit. Dieser Ansatz ist mit dem japanischen „Do“ (Weg / Pfad) vergleichbar. Diese Vergleichbarkeit liefert einen Hinweis auf den philosophischen Hintergrund, denn Do bzw. Dao ist eine zentrale Kategorie des ostasiatischen Denkens. Hier spielen die Einflüsse des Taoismus, Konfuzianismus und Buddhismus eine wichtige Rolle.
Kung Fu darf aufgrund seiner philosophischen Bedeutung nicht mit einem einfachen Bewertungsmaßstab gleichgesetzt werden. Es geht nicht darum, die Handlungen von Menschen in gute und schlechte bzw. in bessere und schlechtere zu unterteilen. Dies wäre bloß die messbare Qualität einer bestimmten Fähigkeit. Es geht vielmehr um die Entdeckung und Kultivierung der inneren Eigenschaften, mit denen eine Kunstfertigkeit ausgeführt wird. Das geht soweit, dass sogar Dinge Kung Fu haben können, nämlich dann, wenn ihr Schöpfer sie mit Hingabe und innerer Kraft kreiert hat. Die Vervollkommnung drückt sich dann nicht nur im Menschen, sondern auch in dessen Kunst bzw. Kunstwerken aus.
Autor: Christoph Eydt
Fotos: Taiji-Europa