Der innere Klassiker des gelben Kaisers

Von Freya und Martin Bödicker

Erkrankung ist nach traditioneller chinesischer Auffassung kein unabwendbares Schicksal. Vielmehr hängen Krankheit und Gesundheit davon ab, wie sehr sich der Mensch in das Ordnungsgefüge des Kosmos einpasst und dem Weg (dao) folgt. Wenn man es versteht, sein Leben harmonisch zwischen den Polen von yin und yang zu ordnen, wird man schwerwiegende Krankheiten vermeiden können.

China (1)

Diese Gedanken sind auch die Grundlage des „Inneren Klassikers des gelben Kaisers (Huangdi neijing)“. Dieses Buch stammt wahrscheinlich aus der Zeit von 200 – 100 v. Chr. und gilt als eines der ältesten überlieferten Werke der traditionellen chinesischen Medizin. Trotz seines hohen Alters genießt es bis heute in der traditionellen chinesischen Medizin einen hohen Stellenwert. Dies gilt sowohl für seine Grundaussagen zu einer gesunden Lebensweise, wie auch zur Diagnostik und Behandlung von Krankheiten durch Akupunktur, Moxibustion und Pharmakologie.

Auch viele Meister des Tai Chi Chuan hatten ein profundes Wissen zur traditionellen chinesischen Medizin. Darüber hinaus war für sie Tai Chi Chuan nicht nur eine Kampfkunst, sondern auch ein Weg, sich gesund zu erhalten. So heißt es in dem „Lied der dreizehn Grundbewegungen (Shisanshi gejue)“: „Mache Dir bewusst, worin letztlich die Absicht besteht. Das Leben verlängern. Die Jahre ausdehnen. Ewiger Frühling.“ Ein Blick in den „Inneren Klassiker des gelben Kaisers“ wird den Tai Chi-Übenden in diesem Ziel sicherlich bestärken.

Die Menschen in alten Zeiten wussten vom Weg (dao).

Sie nahmen sich ein Vorbild an yin und yang

und erlangten Harmonie durch verschiedenste Übungen.

Sie aßen und tranken maßvoll.

Aufstehen und zu Bett gehen erfolgte zu regelmäßigen Zeiten.

Sie verausgabten sich nicht durch zu viel Arbeit.

So bewahrten sie ihren Körper und ihren Geist (shen),

vollendeten ihre vom Himmel gegebene Zahl an Jahren

und konnten hundert Jahre alt werden.

Die heutigen Menschen sind nicht so.

Sie trinken Wein wie Wasser

und verausgaben sich dauerhaft.

Sie führen betrunken ein exzessives Liebesleben.

Durch ihre vielen Leidenschaften erschöpfen sie ihre Essenz (jing)

und zerstören ihr wahres qi.

Sie wissen nicht, ihre Fülle zu erhalten

und ihren Geist (shen) zu lenken.

Sie wollen sich unbedingt amüsieren,

was der echten Freude entgegen steht.

Aufstehen und zu Bett gehen erfolgt zu unregelmäßigen Zeiten.

So erreichen sie zwar das fünfzigste Lebensjahr,

aber sie werden schon immer schwächer.

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Foto: taiji-forum.de