Die heutige Kalligraphie 劍 stellt ein Schwert dar – nach Ausweis der Zeichen eine beidseitig geschärfte, spitz zulaufende Klinge. Das Schwert gilt allgemein als Königin der Waffen, hat aber darüber hinaus auch symbolische Bedeutung. Wie in Europa gab es auch in China Schwerter als Insignien der (vom Herrscher verliehenen) Macht. Das Schwert wurde damit zum Symbol für die Entfaltung der (männlichen) Herrschaft und der Staatsmacht ansich.
Schwertfeen als Lehrmeisterinnen
Dagegen ist das Schwert in den mythischen Volkserzählungen des alten Chinas oft mit Frauenfiguren verbunden. Einige der berühmtesten Schwerttänzer waren Frauen und die Wesen, bei denen der Legende nach der umherziehende Schwertkämpfer (der dann doch meistens eine männliche Heldenfigur war) seine überragenden Fähigkeiten lernen konnte, wurden Schwertfeen genannt. Dass diese weiblich waren und im Wald lebten, weist dezent darauf hin, dass es beim Erlernen der Schwertkunst nicht auf rohe (männliche) Körperkraft oder Lernen durch Nachdenken (Zurückgezogenheit auf dem Berg) ankommt, sondern auf eine passiv-reaktive Herangehensweise, die sich allein in der Praxis erlernen lässt. Der Wald mit seinen vielen Bäumen steht hier symbolisch für die vielen Krieger*innen, denen man begegnet sein muss, bevor man seine eigene Kunst hinreichend entfalten kann.
Der Weg des Schwertes
Das Erlernen der Schwertkunst erweist sich im Mythos als ein langer Weg, der notwendig von gegenseitiger Kooperation getragen wird. Angesichts eines rasierklingenscharfen Schwertes würde ein einziger Fehler des Lernenden reichen, um diesen vom Leben zum Tode zu befördern. Die ohnehin rar gesäten Kandidaten wären schnell erledigt. – Wie sollte sich so eine Kunst erhalten und erneuern?
Video Kalligraphie Schwert
Der Weg des Schwertes: Workshops für praxisorientierte Übende