Das Interview mit Faye Yip wurde von Nils Klug anlässlich eines 8 Brokate-Workshops von Faye im Tai Chi Studio, Hannover, im Sommer 2016 geführt.
Ehrenamtliche Arbeit und reiches Leben
Ich weiß genau, worüber du redest. Ich selbst arbeite wie verrückt – wie auch zusammen mit Ronnie, als er noch gelebt hat… Ich zahle alles aus meiner eigenen Tasche und vielleicht, eines Tages, aber…
… du hoffst. – Ja, auf diese Weise versuchen wir zu überleben. Wir organisieren erfolgreiche Events, um die Kosten zu decken und wenn etwas übrig bleibt, legen wir es an die Seite für das nächste Event. Zur Zeit können wir auf unseren eigenen Füßen stehen. Gelegentlich geht alle meine Zeit – und auch Tary’s Zeit – unsere gesamte Zeit geht da rein. Für unsere Website bekommen wir gar kein Geld. Wir investieren alle unsere Zeit und Mühe hinein ohne etwas zu erwarten, wie es bei einem Arbeitnehmer wäre. Wir machen das alles, aber… – ja, das klingt bekannt für jemanden…
Letztlich geben wir alle unsere Energie, unsere Zeit, unser Fachwissen und die Rechte an den Fotos und Videos inklusive Aufbereitung gratis in unsere Organisation. Jedoch können wir nicht erwarten, dass andere das genauso tun. Wir müssen die Kosten decken, wenn wir Leute fragen für uns zu arbeiten – wir sind da in einer ähnlichen Situation. Glücklicherweise macht es uns nichts aus, unsere Ressourcen zu geben, weil wir leidenschaftlich bei dem sind, was wir tun.
Aber es gibt auch eine Grenze, man kann nicht alles machen – man muss zunächst seinen Lebensunterhalt verdienen. – Gut, wir sind vielleicht privilegiert, weil wir durch das Unterrichten überleben können. Aber dennoch ist es hart.
So ist es…
Aber auch schön, weil man so viele nette Leute kennen lernt, da Tai Chi und Qigong-Leute in der Regel wirklich nette Menschen sind.
Das stimmt, ja, man schließt Freundschaften.
Wenn ich mir heute meine Freunde vom College angucke – ich bin in diesen WeChat-Gruppen, wo wir Kontakt halten. Zum Beispiel meine Highschool-Kumpel: wir sind im selben Alter. Nun sind einige von Ihnen sehr einflussreich, CEOs oder Firmenchefs in sehr mächtigen Positionen, und das bringt auch viel Geld mit sich. – Tai Chi unterrichten, eine eigene Schule führen macht dich nicht reich, das gebe ich offen zu.
Aber ich denke, auf meine eigene Weise fühle ich, dass ich einen großen Gewinn dabei habe. Ich habe so viele Menschen sehr gut kennen gelernt. Ich habe Freundschaften, die aus diesen authentischen Verbindungen und Gefühlen zwischen Menschen gewachsen sind, die man mit Geld nicht kaufen kann. Ich habe so viele langjährige Freundschaften geschlossen – von Neuseeland über Amerika, auch Lateinamerika. Jemand folgt mir auf Twitter aus Argentinien, Mexiko…
Sogar aus Deutschland! (lacht)
Genau, sogar aus Deutschland… (lacht)
So sind wir auf eine Weise reicher auf einem anderen Gebiet, nicht in Form von Geld. – Hey, man kann nicht alles haben! Ich bin einfach dankbar, dass ich tue, was ich gern tue, dass ich in der Lage bin, meine Kinder zu ernähren, dass ich ein Haus haben kann. Das ist alles, was wir wirklich brauchen. Es wäre nett, einige Pfund extra zu haben, um Rechnungen zu bezahlen, aber hey: Wir haben unser Zentrum, was ich geträumt hatte, zu haben. Also sehe ich mir das an und sage zu mir selbst: Es gibt keinen Grund sich wegen dieser Entscheidungen schlecht zu fühlen. Ich bin sehr glücklich, dass ich mit dem was ich gern tue meinen Lebensunterhalt verdienen und auf diese Weise meine Kinder aufziehen kann.
Fotos: Taiji Forum und Faye Yip
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