Wachsen -Tai Chi

Wachsen wie eine Pflanze – Tai Chi Aspekte

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Wachsen wie eine Pflanze – 5 Tipps, wie du deine Bewegungen sanfter machen kannst

Wer träumt nicht von einer mühelosen sanften Bewegung in der Form? Nehmen wir uns doch ein Beispiel aus der Natur, um unsere Bewegungen sanfter zu machen: Pflanzen wachsen langsam, stetig und unbeirrt – durch Mauern, Beton und Asphalt.
Wie entwickelt sich so eine starke aber sanfte Bewegung?

Eine Pflanze wächst

Wachsen - Tai Chi

Lass uns beobachten, wie eine Pflanze aus einem Samen wächst:

  1. Das Samenkorn fällt in die Erde und keimt. – Das braucht ZEIT.
  2. Der Samen in der Erde muss fortwährend gegossen oder mit Feuchtigkeit versorgt werden. – Die Pflanze braucht WASSER.
  3. Dann wachsen der Pflanze zuerst Wurzeln. – Die Pflanze entwickelt eine Verbindung zum BODEN, die beständig weiter wächst.
  4. Anschließend wird der Keimling überirdisch sichtbar. Dabei nimmt die Pflanze die wiedererkennbare GESTALT an, die in ihrer DNA abgespeichert ist.
  5. Die einzelne Pflanze ist jedoch keine simple Kopie. Sie ist EINZIGARTIG: in Wuchs und Erscheinung ihrer Entwicklungsumgebung angepasst.

Was können wir daraus für unser Üben ableiten?

Sanfte Bewegungen – 5 Tipps, um wie eine Pflanze zu wachsen

Lass dir ZEIT
Laufe die Form einige Male übertrieben langsam und höre nach innen.
Was setzt sich, was löst sich?
Wie weit kann ich ausatmen, wenn ich mir mehr Zeit lasse?
Wie tief kann ich in Ruhe einatmen, ohne es zu zwingen?
In der Ruhe liegt die (sanfte) Kraft.

Betone den FLUSS gegenüber der Haltung
Wir sollen immer aufrecht sein, wir wollen immer in der Mitte sein, die Bewegungen der Form sollen exakt sein. Stimmt alles. Aber nicht nur: aufrecht UND locker, in der Mitte UND agil, exakt UND fließend. Um eine sanfte Bewegung zu fördern, laufe die Form einige Male mit dem Augenmerk auf den Fluss. – Laufe dich frei, wie ein Gebirgsbach.

Behalte den Kontakt zum BODEN
Eine fließende Bewegung ist wunderbar, fast wie Tanzen… Aber wir wollen uns nicht vom Wasser davon tragen lassen.

Laufe die Form einige Male und achte dabei auf deine Bodenhaftung. Jedes Mal, wenn wir in ein Bild der Form gehen und während des gesamten Ablaufes, sollte unsere Höhe dieselbe sein.

Beobachte:

  • Drückst du aus dem Bein hoch? – Dies kann ein Hinweis auf zu viel Aktivierung sein.
  • Sackst du zwischendurch nach unten? – Dies kann ein Hinweis auf zu viel Entspannung in der Basis sein.
  • Bist du leicht wie eine Feder und alles ist mühelos? – Prüfe, ob du in deinen Füßen überhaupt Wechsel oder einen deutlichen Kontakt zum Boden, eine Belastung im Sinne einer Kompression, spürst.

Siehe dazu auch den Tai Chi Aspekt Erden/Weitererden.

Verankere die BILDER DER FORM tief im Gedächtnis
Die Pflanze ruft ihre DNA ab, um ihre Gestalt zu bekommen. Unsere Gestalt sind die Bilder und Bewegungen der Form.

Lauf die Form und spule vor jedem Endbild ein paar Mal zurück. Erst ein bißchen, dann soweit, dass du den Fuß wieder aus- und eindrehen musst. Am Anfang ist dies gewöhnungsbedürftig, aber ein guter Trick, um dein Gehirn dabei zu unterstützen, die Bilder in deinem motorischen Gedächtnis zu verankern. Gelingt dir das Zurückspulen problemlos, musst du dich in Zukunft nie mehr nebenbei mit dem Erinnern an die Bilder beschäftigen. Sie sind jetzt Teil deiner „Tai Chi-DNA“.

Mache DEINE BEWEGUNG
Nimm die Grundhaltung am Anfang der Form ein und laufe die Form, so wie du sie gerade laufen kannst – nach deinem Gefühl: ohne Rücksicht auf Prinzipien und Haltungsregeln. Wie fühlt sich das an?

Im Idealfall hat unser Oberkörper während der gesamten Form dieselbe Haltung: Eine gerade Wirbelsäule, ein aufgerichteter und zugleich gelöster Brustkorb, ein wie schwebend aufrecht gehaltener Kopf – wie in der Sitzmeditation.

Bei den meisten von uns ist dies kein natürlicher Zustand. Unsere alltägliche Körperhaltung weicht davon teilweise sehr ab. Dafür gibt es (gute) Gründe: unsere tägliche Arbeit, unsere Lebensweise – unsere Entwicklungsumgebung. Tai Chi ist ein Weg der Kultivierung einer zweiten – gesünderen – Natur. Für diesen Weg ist es nicht hilfreich, Schutz- und Schonhaltungen, die unsere Körper teilweise über Jahrzehnte entwickelt hat, gewaltsam aufzubrechen.

Konzepte wie „am Himmel aufgehängt sein“ – um den Kopf gerade zu halten – oder die Übungsanweisung das Steißbein nach vorne zu ziehen – um den Huiyin in die „ideale“ Position zu bringen – werden mit einer unnötigen Steife (zu viel „yang“) oder Leere (zu wenig „yin“) der Bewegung bezahlt. Den allmählichen Umbauprozess unseres Körpers beschleunigen zu wollen, indem wir bspw. unsere Wirbelsäule langziehen, führt letztlich zu einer künstlichen Bewegung, die nicht unserem Körper – im jetzigen Zustand – entspricht. Man zerrt die Pflanze in eine Form, die ihrer Entwicklungsumgebung nicht gerecht wird. Sanftes Wachstum ist hier nicht möglich.

Freude am Tun, Ausdauer und Beharrlichkeit, nicht Vehemenz und Prinzipientreue, sind die Grundlage für ein sanftes Wachstum deiner Form.

Video Wachsen wie eine Pflanze – Tai Chi Aspekte