Jiao Guorui

Jiao Guorui Leben und Entwicklung

Prof. Jiao Guorui

Jiao Guorui wurde am 16. Oktober 1922 im Dorf Jiaojiazhuang, Provinz Hebei, geboren, unweit der großen Mauer, ca. 300 km von Bejing entfernt.

Das Dorf war berühmt für seine Wushu –Tradition, welche von der Sippe der Jiaos seit alters her getragen wurde. Seine Familie war früher wohlhabend gewesen, jetzt lebte sie in Armut und musste oft umziehen. Da sein Vater immer noch die inneren Werte der Tradition hochhielt, welche Bildung, Kultur und Kunst als wichtiges Gut erachtete, kam er mit 8 Jahren auf ein konfuzianistisch ausgerichtete Schule. In diesem Alter begann er auch das Wushu zu erlernen, denn alle in der Familie beschäftigten sich mit Kampfkunst.

Sein Lehrer hieß Wangtong, von ihm wurde er in die Kunst der Shaolin-Faustkampftechnik eingeführt und erlernte 18 Waffenformen, darunter das Langschwert.

Mit 17 Jahren, es war mitten in den Kriegswirren der japanischen Invasion, schrieb er sich zum Studium am Landwirtschaftlichen Institut ein, da die Invasoren ihn nicht zum Studium der TCM zuließen. Dabei war dies sein Hauptinteresse – Familienmitglieder waren berühmte Ärzte oder Kräuterheilkundler.

Als er 18 Jahre alt war, wurden er und seine spätere Frau von seinen Eltern  miteinander verlobt, obwohl sie einander noch gar nicht kannten. Dies war damals in traditionsbewußten Familien üblich – diese Tradition gab es bekanntermaßen auch in Europa.

Einige Jahre später zog sich sein Lehrer Wangtong zurück und überantwortete ihm sein „7-Sterne-Schwert“, welches in der Traditionslinie immer vom Meister auf den nächsten Linienhalter weitergegeben wurde – eine große Ehre für Jiao.

1949 endlich, nach dem Abzug der Japaner und dem Sieg Maos über die Kuomintang konnte sein Medizinstudium am nordchinesischen Institut für TCM beginnen. In der Folgezeit bildete er Ärzte für Akupunktur in der Mongolei, in Tibet und in der Armee aus. Er war viel unterwegs und durch seine Arbeit stark belastet.

Krankheit als Weg

Er war dann auch an der Vorbereitung der Gründung einer Akademie für TCM beteiligt, aber dies führte zu einer Überbelastung, so daß er schwer erkrankte.

Eine Allergie, Atembeschwerden, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre führten zu starken Gewichtsverlusten, Aufmerksamkeits-und Konzentrationsstörungen.

Behandlungsversuche mit westlicher Medizin und TCM blieben erfolglos, auch mit Akupunktur verbesserte sich sein Zustand nicht. Der Leiter seines Institutes riet ihm, seinen Fall dem Kollegen Hu Yaozhen vorzutragen, der ebenfalls als Arzt für TCM tätig war, und es mit den Übungen des Qigong zu versuchen, was Jiao zu Beginn recht skeptisch aufnahm – Qigong war gesellschaftlich eher verpönt und als feudalistisch-magisches Brauchtum angesehen.

Nach drei Monaten täglichen Übens war Jiao fast vollkommen genesen –

aber Hu Lao (Lao ist eine Bezeichnung, die Anerkennung und Ehrfurcht für den Meister ausdrückt) trug ihm auf, weiter zu üben und nahm ihn dann zum Schüler an.

Hu Yaozhen

Yangsheng

Hu Yaozhen war Arzt für TCM und Qigongmeister – seine Schwerpunkte waren „Neidangong“ oder „Dongjinggong“ (Übungen-in-Ruhe-und-Bewegung) sowie das „Spiel der 5 Tiere“. Er erklärte ihm die Grundvoraussetzungen des Übens mit dem Qi und die breite Palette seiner Anwendungsmöglichkeiten bei den verschiedensten Erkrankungen. Zu den Anforderungen gehörten ein geregeltes Alltagsleben mit täglichem Üben, zu Beginn sollte dreimal täglich geübt werden, außerdem ein Verzicht auf Geschlechtsverkehr für drei Monate und stattdessen die „Übung der 100 Tage“ – drei Monate lang die Vorstellungskraft auf das vordere Dantian zu konzentrieren. Beim Üben sollte er den Weg der Mitte gehen und das Maß wahren – nicht zuviel, nicht zuwenig.

„Wenn die Vorstellungskraft im Dantian bewahrt wird und die Ruhe ein bestimmtes notwendiges Ausmaß erreicht hat, folgt die Bewegung“.

So lernte er sich konzentrieren, den Atem zu regulieren und das Qi ins Dantian sinken zu lassen, und erlangte so äußere Bewegung bei innerer Ruhe.

„Erst wenn die innere Begrifflichkeit geklärt ist, kann sie das Innere widerspiegeln und nach außen zeigen“

Einige Jahre später sollte im Rahmen des „Großen Sprungs nach vorne“ auch die TCM weiterentwickelt werden, um die Gesundheit der Volksmassen zu verbessern.

Dabei ging es nicht nur um die Heilung von aktuellen Beschwerden, sondern insbesondere auch um das „Yangsheng“, die Gesunderhaltung auf Grundlage der Qigong-Übungen – Prävention statt Nachbesserung. Dies sollte eine wesentliche Ergänzung des TCM-Konzeptes werden. In der neu gegründeten „Akademie für TCM“ traf Jiao Guorui 1959 auf Zhou Qianchuan, ebenfalls Arzt und Qigongmeister, der ihn als Schüler annahm.

Zhou Qianchuan

Bei ihm erlernte er die „Emei-12-Pfahl-Übung“, die aus der Tradition eines Klosters auf dem Berg Emei–shan entstammt. Diese Methode umfasst 12 Pfähle, jeder Pfahl hat 12 Haltungen. Pfahlübungen sind eine spezifische Art der Übung-in-Ruhe-und-Bewegung, in welcher auf der Basis der Ruhe die Bewegung entspringt. In der Methode verschmelzen daoistische und buddhistische Elemente und setzen die Übungen von Körper und Geist durch die Verbindung mit dem Leitbahnensystem in eine enge Beziehung zur Heilkunst. Zhou war ein bekannter Arzt,( er war der Einzige, der Wang Wending, der Leiter der Akademie für TCM bei einer schweren Erkrankung Linderung verschaffen konnte) und behandelte auch viele hochrangige Parteifunktionäre. Aufgrund diverser falscher Anschuldigungen wurde er ins Gefängnis geworfen, in welchem er noch vor der Kulturrevolution starb. Nach der Kulturrevolution wurde er rehabilitiert.

Wang Xianzhai

Jiao Guorui

1962 begann er, von Wang Xiangzhai (1885 bis1963), einem der wenigen großen Meister des Wushu in China, die Übung „Stehen wie ein Pfahl“ zu erlernen, welche zur „Yiquan“- Schule gehört (Vorstellungskraft-Boxen).

Sein Lehrer ließ ihn oft lange herumstehen, ohne ein Wort zu sagen, lag auf dem Sofa oder ging auf den Hof zum Holzhacken, spitzte aber manchmal durchs Fenster, um nachzuschauen, ob Jiao noch übte. Er sorgte aber auch dafür, daß Jiao dreimal am Tag gut zu Essen bekam: Brot, Reis, Schmorfleisch, frittierter Fisch, frisches Gemüse und Obst, – denn wer gut üben will, muss gut essen!

Bei Wang Lao (Lao = Ehrenbezeichnung für einen Meister) war die Konzentration auf das Dantian, Großer und Kleiner Himmelskreislauf sowie die Atemregulierung kein Thema. Der Übende war aufgefordert, seine Gedanken zu konzentrieren, den Körper zu entspannen, die natürliche Atmung zu praktizieren und so diese Art der Ruheübung durchzuführen.

“Stille stehend erkennt man das Prinzip der  „Bewegung in der Ruhe“.

An diesem Punkt erkannte Jiao, daß die Übungsprinzipien von Hu Lao und Wang Lao die gleiche Wurzel hatten. Die“ Übung–in-Ruhe-und-Bewegung“ von Hu Lao versucht vom Aspekt der Bewegung her das Potential des Körpers zu aktivieren.

Hier treibt der Übende die Ruhe an ihren Endpunkt, wo sie sich in ihr Gegenteil,

die Bewegung , verwandelt. Dies bedeutet, dass man mit der Ruheübung beginnt, bis sich eine Bewegung im Ansatz wie von alleine zeigt. Dann entsteht Bewegung auf Basis der Ruhe, und die Bewegung ist von Ruhe erfüllt. Erst dann kann sich wahres Yangqi im Körper zeigen.

Die „Stehen-wie-ein-Pfahl“ Übung nach Wang Lao nähert sich diesem Ereignis von Seiten der Ruhe. „Man muss wissen, dass eine kleine Bewegung besser als eine große, keine Bewegung besser als eine kleine ist“. Erst die Bewegung, die sich aus keiner Bewegung ergibt, ist von Lebenskraft erfüllt. Dies bedeutet, dass man sich erst bewegt, dann immer weniger, bis sich die Ruhe zeigt. Dann entsteht Ruhe, auf deren Basis die Bewegung entsteht – die Ruhe  wird von Bewegung begleitet.

Jiao verband die Lehren beider Meister – sowohl die verschiedenen Bewusstseinskräfte nach Wang-Lao, als auch die Vorstellungsbewahrung im Dantian und die Achtsamkeit auf „Heng“ und „Ha“ (Ein-und Ausatmung) während der Übung nach Hu Lao.

Durch das Verbinden dieser entgegengesetzten und doch voneinander abhängigen Vorstellungskräfte des Jindonggong und des Yiquan ergab sich in ihrer Anwendung auf die Körperhaltung sowie Kraft-und Vorstellungskraftanwendung auf das „5-Tiere-Spiel“ eine neue Qualität von Lebenskraft und Vitalität.

„Der Geist entsteht aus der Form, Die Form ändert sich nach dem Geist“ (Wang Lao).

Gao Ziyun

Jiao Guorui

Gao Ziyun  war ein alter Freund von Dong Demao, einem Lehrer Jiaos und bekannter Fechtmeister. Von ihm erlernte er  das „Longfeng-Schwert“ (Drache und Phönix) mit 360 Formen sowie das „Qinping“-Schwert.

Jiao nun verband die Übungen dieser Schwertkunstarten mit der „Taiyi“-Fechtkunst.

Indem er auch hier die Quintessenz von Wang Lao´s Methode „Die Kraft soll in allen Bewegungen angewandt werden“ und Hu Lao´s Methode „Die Vorstellungskraft im Dantian wahren“ auf die Fechtkunst übertrug, verschmolz er Körper und Geist und so gewann seine Fechtkunst ein sehr hohes Niveau.

Qigong Yangshengfa

Nach langen und mühevollen Vorbereitungen konnte er 1964 endlich sein Buch „Qigong Yangshengfa“ veröffentlichen, in welchem er die drei Übungsmittel (Körperhaltung, Atmung und Bewahren der Vorstellungskraft) mit den zwei Übungsmethoden (Bewegung und Ruhe) miteinander verbinden konnte und allgemeinverständlich in verschiedenen Übungsreihen darstellen konnte.

Sein Prinzip lautete: „einfach, wirksam, sicher und zuverlässig“ – dies war seine Anforderung an ein Übungssystem für jedermann.

Das Honorar spendete er für die Opfer einer damals eingetretenen Naturkatastrophe,

obwohl seine Familie, zu diesem Zeitpunkt wieder vereint, das Geld gut gebrauchen konnte, denn ihre Lebensverhältnisse waren nicht einfach.

Seine Übungsmoral lautete: Wahrnehmen – entschlossen sein – hart üben –beobachten – nachdenken – hart üben – Erkenntnis – weitere Praxis – weitere Erkenntnis.

Die Kulturrevolution

Anfang 1966 begann die sogenannte „Kulturrevolution“, welche ungeahntes Leid über das chinesische Volk bringen sollte. Auch in der Akademie für TCM wurden viele der dort arbeitenden Wissenschaftler und Ärzte als „stinkende Nr.9“ (das waren die Intellektuellen) gebrandmarkt und mitsamt ihren Familien zur lebenslangen „Umerziehung“ aufs Land geschickt. Seine Frau erkrankte sehr schwer und nur die glückliche Rehabilitierung bewahrte sie vor dem Tod. Dennoch waren Jiao und seine Familie von nun an geächtet. Er kam für drei Jahre in eine „Umerziehungsgruppe“, -hier galt es, von morgens bis abends Kohle schaufeln, Dächer reparieren, unterirdische Kanäle reinigen und harte Feldarbeit. Dazu gab es Versammlungen,

wo auch Jiao kniend mit gesenktem Kopf, die Hände auf dem Rücken, stundenlang seine „Schuld“ eingestehen mußte.

Nach den drei Jahren der Umerziehung wurden alle in weit entlegene Gebiete geschickt – mit dem Auftrag, mehrere Jahre der Landbevölkerung medizinische Hilfe zu leisten. Jiao sollte mit seiner ganzen Familie nach Gansu in Nordwestchina.

Nach einem Jahr in Zhongzhai, einem entlegenen Bergdorf, kam er nach Minxian ins Kreiskrankenhaus. Jiao war traurig und verzweifelt ob der Umstände, unter welchen seine Familie ihr Leben fristen musste – ärmliche Behausung und schlechte Ernährung waren ihr Los und ein Ende war nicht abzusehen.

Er kümmerte sich aber mit Leib und Seele um die armen Bauern der Region – nicht nur im Krankenhaus, sondern auch nach der Arbeit machte er bis spät in die Nacht Hausbesuche und konnte viele Kranke heilen. Dies sprach sich herum und bald brachten die Bauern der Umgebung seiner Familie Gemüse und andere Nahrungsmittel, um ihre Dankbarkeit zu zeigen.

Das Ende der Kulturrevolution

1973 startete Mao eine neue Bewegung nach dem Motto:“ Wissenschaftler und Techniker sind Werktätige und dienen dem Volk“. Deng Xiaoping sollte dies umsetzen, um den wissenschaftlichen Fortschritt für die Werktätigen nutzbar zu machen. Im April 1976 wurde Deng von der Viererbande entmachtet – aber bereits im Oktober des gleichen Jahres wurde die Viererbande zerschlagen und Deng übernahm wieder das Ruder. Er erklärte die „stinkende Nr.9“, die Intellektuellen, für rehabilitiert –ebenso andere vorher geächtete Gruppen, welche wieder ins Volk integriert wurden. Dennoch dauerte es bis 1980, bis Jiao endgültig rehabilitiert war.

In der Folge wurden ihm viele hohe Ämter im Rahmen der TCM angeboten, aber sein Herz schlug für das Qigong, und er suchte Wege, diese Übungen in die TCM zu integrieren und es zum festen Bestandteil der Heilkunst zu machen.

Nach langen Bemühungen gelang es ihm 1983, eine Qigong-Forschungsabteilung ins Leben zu rufen. Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits infolge der Initiative des Gewerkschaftsbundes in vielen Fabriken und Bergwerken, auf öffentlichen Plätzen und Parkanlagen und Stationen für chronisch Erkrankte Qigongübungen in großen Gruppen durchgeführt. Jiao gab Vorlesungen zum Qigong in allen Landesteilen und hielt Seminare und Symposien in den verschiedensten Institutionen ab.

Dies löste auch im Ausland ein starkes Echo aus – er wurde nach Japan und Korea eingeladen. Leider konnte er den vielen Bitten, doch länger zu bleiben und das Qigong zu lehren, nicht folgen, denn er war mit der Vorbereitung eines eigenen Qigong-Instituts in China beschäftigt.

Dies wurde 1985 Wirklichkeit: Im Auftrag und mit der Billigung des Gesundheitsministeriums begann er mit dem Aufbau seines Qigong-Forschungsinstituts. Es genoss alle von der Regierung gebilligten Selbstentscheidungsbefugnisse des In-und Auslandsrechts, war eine parallele Einheit zur Akademie für TCM und das erste vom Gesundheitsministerium genehmigte und von Wissenschaftlern selbst betriebene und verwaltete Institut für Qigong Yangsheng. Große Erfolge verzeichnete er auch bei der Behandlung der Silikose (Bergarbeiterkrankheit durch Staub).

Jiao verfasste viele Schriften und Bücher über sein Qigong-Yangsheng System, welche teilweise auch in Deutsch erschienen sind. (ML-Verlag Uelzen)

Youfagong und Zifagong

In diesen Jahren entwickelte sich eine Bewegung, die das Zifagong (Hexiangzhuang-Zifagong) propagierte, eine Methode der spontanen Bewegung. Dadurch entstanden viele Probleme, denn viele Teilnehmer solcher Veranstaltungen gerieten außer Kontrolle und hatten Probleme zur Normalität zurückzukehren.

Jiaos Methode des Youfagong dagegen war eine Methode der „induzierten Bewegung“, bei welcher der Übende seine mentale Kontrolle behielt – im Gegensatz zum Zifagong, wo der Übende die Kontrolle abgab und nur noch „spontan“ agierte – hier waren Probleme vorprogrammiert. Entgegen Jiaos Rat wurde diese Methode schnell verbreitet, in der Folge traten in allen Landesteilen Berichte über Gesundheitsprobleme in diesem Zusammenhang auf, viele Übende landeten in der Psychiatrie, es gab auch Todesfälle. Er verfasste einige Schriften zur Erklärung der aufgetretenen Phänomene, aber es sollte Jahre dauern, bis das Problem behoben war.

Jiao Guorui in Deutschland

Sein erster Besuch in Deutschland fand im Rahmen einer TCM-Woche in München statt, zu welcher das chinesische Gesundheitsministerium ein Delegation von Ärzten der verschiedensten Fachrichtungen geschickt hatte – darunter Prof. Jiao als Spezialist für die Qigong-methode. Seine Erläuterungen und Darbietungen der Übungen fanden großen Anklang und so konnte er auch in Bonn auf Einladung von Fr. Dr. Hildenbrand einen Vortrag an der Universität halten.

Jiao hielt dann in China zwei längere Qigong-Seminare für deutsche Teilnehmer ab – mit der Folge, dass einige seine begeisterten Schüler (darunter meine Wenigkeit) in Deutschland die „medizinische Gesellschaft für Qigong Yangsheng“ ins Leben riefen, damals unter der Leitung von Fr. Dr. Hildenbrand.

Daraufhin entschloss sich Jiao, mit Frau und Tochter nach Deutschland zu kommen, hier zu leben und sein Qigong zu lehren. Es folgten 7 Jahre intensiven Lehrens, bis er infolge eines Unfalls am 6. August 1997 in Bejing verstarb.

Noch ein Wort

Prof. Jiao Guorui hatte ein bewegtes Leben – mit Höhen und Tiefen. Er war Arzt, Wissenschaftler, Meister des Qigong und der Kampfkünste, er beherrschte die Kalligraphie und schrieb Gedichte. Das Eingebundensein in eine traditionsbewusste Familie ließ ihn schon früh den Unterschied zwischen Eigenbestimmung und Fremdbestimmung spüren.

Auf seinem ganzen Lebensweg begleiteten ihn große Umbrüche der Gesellschaft, welche seine eigenen Pläne und Wünsche immer wieder durchkreuzten.

Aber Jiao war ein Kämpfer – er ließ sich nicht unterkriegen und stand immer wieder auf. Sein inneres Wesen war unzerstörbar – er handelte immer getreu seiner Prinzipien, welche auf dem konfuzianischen, daoistischen und buddhistischen Weltbild gründeten – als Chinese hatte er alles vor der Haustür.

Er war ein fürsorgender Familienvater – in allen Stürmen kümmerte er sich um seine Familie und versuchte, das Beste für seine drei Kinder, seine Frau und sein Mutter zu organisieren.

Das Mitgefühl, ein Kernpunkt der Lehre des Buddha, war stets in ihm und so setzte er sich unermüdlich für seine kranken Mitmenschen, die Armen und die Notleidenden ein – wo und wann auch immer.

Der Gesichtspunkt der Prävention gehört hier im buddhistischen Sinne dazu:

Nicht nur die akuten Leiden lindern – sondern auch die Menschen davor schützen, aufgrund falschen Verhaltens eine Krankheit zu entwickeln, indem man ihnen zeigt, wie sie besser mit sich selbst, ihrem Körper und ihrem Geist umgehen können.

Oder in der TCM: „der gute Arzt behandelt die Krankheit, bevor sie ausbricht“.

Möge ihm sein Stern auch im nächsten Leben leuchten!

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Yangsheng

Dr._Ernst_Michael Beck

Autor: Ernst-Michael Beck
Jahrgang 1953, ist als Facharzt für Allgemeinmedizin, Akupunktur, Naturheilverfahren und Homöopathie in eigener Praxis in Hannover tätig. In die Kunst des Qigong wurde er 1986 von Frau Josefine Zöller eingeführt und war dann ab 1988 Schüler bei Prof. Jiao Guorui bis zu dessen Tod 1997.
Er ist seit 1992 als Kursleiter tätig und war Mitbegründer der Medizinischen Gesellschaft Bonn. 2010 gründete er sein eigenes Lehrinstitut für Qigong Yangsheng und bietet Seminare und Kursleiterausbildungen in Deutschland und der Schweiz an.
Homepage: www.shenjing-qigong.de

Fotos: Ernst-Michael Beck

Quellen:

1) „Große Mauer aus Qi“

Das Lebenswerk von Prof. Jiao Guorui

von Jiao Tielan (seiner Tochter)

Verlag Neue Welt, Bejing 1999

ISBN 7-80005-509-4

2) Eigene Aufzeichnungen des Autors