Das Schwert und Kalligraphie – Tai Chi Schwert 22

Schwert und Kalligraphie

In China ist Kalligraphie genauso geschätzt wie Malerei. Kalligraphen sind anerkannt und geehrt; ihre Arbeiten erfahren kritische Würdigung oder Verachtung. Die Werke werden für Preise, die mit denen von Gemälden konkurrieren, gekauft und von Kennern gesammelt.

Von langer Zeit, als China eine Meritokratie war, warben die Kaiser um die Gunst des Adels und der kulturellen Elite, sie ermutigten die Meisterschaft in der Kunst und förderten sie als eine der höchsten Tugenden.

Die mehr als 40.000 Zeichen des Mandarin-„Alphabets“ begannen mit einigen einfachen Strichen, die „Radikale“ genannt werden und „Gegenstände“ bezeichnen – ein jeder von ihnen aussehend wie das Objekt, was sie darstellen. Diese Zeichen sind Abbildungen, keine abstrakten Symbole wie in den meisten Sprachen. Im Laufe der Zeit veränderten sich die Zeichen, die den ursprünglichen Objekten nun weniger und immer weniger ähnelten. Kalligraphie wird jedoch gelernt, indem mit dem ursprünglichen Stil begonnen und jeder einzelne Entwicklungsschritt durchlaufen wird. Auf diese Weise bewahren die Schüler das Wesen des ursprünglichen „Bildes“.

Kalligraphie und Fechten werden in China als verwandte Künste betrachtet, bei der die Fertigkeit in der einen die Fertigkeit in der anderen Kunst weiterentwickelt. Oft wird ein Kalligraph die richtige Energie und Bewegung des Pinsels veranschaulichen, indem er eine Schwertbewegung zeigt und umgekehrt.

Gelegentlich hat Cheng Man Ch’ing den Pinsel seiner Schüler leicht nach oben gezogen, wenn sie einen Strich ausgeführt haben. Wenn sie den Pinsel zu sehr festgehalten haben, hat dies das Zeichen, das sie gerade schrieben, verschmiert; wenn sie ihn zu locker hielten, ist ihnen der Pinsel, schwarze Flecken auf ihren Fingern hinterlassend, aus der Hand gerutscht.

Wenn sie den Pinsel richtig gehalten haben, hat sich ihre Hand einfach mit dem Pinsel nach oben bewegt, wiederum gleich dem Prinzip des Schwerts.

Cheng Man Ch’ing sagte immer, dass jemand, der in einer Sprache lernt und kommuniziert, die abbildet, eine andere Art von Geist entwickelt als jemand, der eine Sprache lernt, die abstrakte Zeichen verwendet.

Autor: Ken van Sickle
Übersetzung: Gabi Kannenberg
Fotos: Ken van Sickle und Taiji Forum

Englische Version des Buches Tai Chi Schwert